Traumprotokolle

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– wir haben eine Flussschiffsreise gebucht; ich sitze wartend mit Valentin in Tübingen am Fluss in einem Holzverschlag und wir reden über die besonderen Beziehungen, wir sind direkt auf Höhe des Wassers des reißenden Flusses, der breit, dreckig und bewegt ist, und in dem plötzlich Hippos schnaubend aus dem Wasser auftauchen und kleine, elegante Luftsprünge machen, was das Wasser natürlich noch mehr aufwühlt, und ich bin höchst erstaunt, dass es hier in Tübingen auch Hippos gibt, und dann auch noch so Riesenviecher, drei Stück, total verdreckt, schlammverkrustet und mit schlechten Zähnen, teilweise Zahnlücken, alte hässliche, verklebte Hippos, weswegen ich mit Schrecken daran denke, wie oft ich da schon gebadet habe, bin froh, dass mir noch keine begegnet sind und denke: »da werd ich aber nicht mehr baden!«, aber Vala lacht nur und findet es völlig normal, und weiter hinten, auf der anderen Seite des Flusses, sind wehende Fahnen an den Häusern, auf deren einer steht: »von Calwas Gnaden«, was heißen soll, dass wir froh sein können, dass wir überhaupt mitfahren dürfen beziehungsweise überhaupt da hingefahren wird, wo wir hinfahren wollen; aber dann erscheint Erich Grosch über uns in einer Luke und berichtet lachend, dass die Schiffskarten endlich da sind, es nun doch klappt, was unklar war, weil die normalerweise diese Reise, die wir wollen, gar nicht machen, sie nun aber kulanterweise doch bereit sind, uns Fahrkarten zu verkaufen, wozu man aber eine schmale Leiter hochklettern muss, worauf ich überhaupt keinen Bock habe, aber Katharina rennt dann schnell hoch und kauft die Karten, und wir klettern hoch, um auf das Schiff zu gehen, was dafür, dass es nur ein Flussschiff ist, ziemlich groß ist, ein richtiger Dampfer, der schon voll mit vielen Leuten ist, eine freudige, erwartungsvolle Stimmung, und in einem kleinen Vorraum verteilt Sabine die Karten, wir haben drei kleine, übereinanderliegende Kabinen, aber Sabine ist ganz verzweifelt, weil der Fernseher, den Katharina unbedingt haben will, in der untersten Kajüte ist, worin ich kein Problem sehe: »ist doch ganz klar, dann geht Katharina eben dorthin!« sage, aber Sabine entgegnet, dass das dann hieße, dass sie bei uns durchmüsste, wenn sie hoch- beziehungsweise raus wollte, aber auch da sage ich: »ist doch kein Problem, sie kann ruhig durch mein Zimmer gehen«, aber Sabine schüttelt den Kopf und sagt, dann gehe sie eben mit ihr in ein Zimmer, denn es mache ja nichts, sie habe nichts dagegen, wenn Katharina sehe, wie sie sich ausziehe, und auch Katharina sagt, es mache ihr nichts aus, und ich frage: »sag mal, seid ihr verrückt geworden, da überhaupt ein Problem draus zu machen, zwischen Tante und Nichte kann das doch kein Problem sein!« • wir sollen ein Interview geben über ein Stück, das wir spielen, ein Fernsehinterview, in dem wir beschreiben sollen, um was es in dem Stück geht, um Widerstand und antiimperialistische Inhalte, in einer ziemlich kleinen, engen, dunklen Kneipe, in der wir uns drängen und zunächst etwas ratlos rumstehen und nach einem geeigneten Tisch suchen, an dem wir alle sitzen können, aber dann schlage ich vor, dass wir uns doch am Rand vor das Fenster setzen sollten, weil da am meisten Licht ist, aber das ist nur ein Zweiertisch, an dem die Hauptdarstellerin und ich uns gegenübersitzen können und ich setze mich gleich so, dass ich von links im Profil zu sehen bin und denke befriedigt, dass das meine »Sonnenseite« ist und ich gut aussehen werde, auch wenn die anderen Schauspieler dann etwas in den Hintergrund gedrängt werden, eher verdeckt sind, und ich nehme mir fest vor, diese ganze Verlogenheit des angeblich »antiimperialistischen Widerstandes« schonungslos anzuprangern, wobei ich aber die Tatsache, dass es gegen Autos und die Sinnlosigkeit des Autoverkehrs geht, wiederum sehr gut finde und das auch hervorheben will, aber das Fernsehteam muss erstmal wieder weg und woanders etwas aufnehmen, so dass es schließlich überhaupt nicht zu dem Interview kommt, aber wir sollen das ziemlich lange Theaterstück zu diesen Fragen des Antiimperialismus, das wir zusammen umständlich entwickelt haben, plötzlich ganz woanders, unter völlig anderen Umständen spielen, und dann auch noch ohne vier von uns, die auch noch jeweils große Rollen spielen; wir sitzen in den Hinterräumen und warten auf unseren Auftritt, gerade spielt noch eine andere Truppe, die ich aber nicht so toll finde, aber dann kommen wir dran, die Ersten gehen schon raus, es wird auf einer nur kleinen, steinernen Erhöhung gespielt, unter Bäumen, und ich frage den Regisseur, wie wir das denn mit den Leuten machen sollen, die nicht da sind, was wir stattdessen machen sollen, da sagt er, er finde es eh blöd, dass wir da immer Leute von der Bühne aus gegrüßt hätten, das könne und solle man eh weglassen, ich sage, dass wir das damals auch weggelassen haben, und so beschließen wir, dass wir den gesamten Teil mit den Grüßen an die Leute auch diesmal weglassen; es ist insgesamt eh eine mehr improvisierte Geschichte auf der Straße, mit Faxen und Slapstick; bei der ersten Aufführung damals, die ich jetzt sehe, haben welche vor Angst gepinkelt, also gespielt, vielleicht halb und halb ernst und gespielt, wozu sie Wassersäcke in den Hosen hatten und dann ewig lange hohe Strähle pinkelten, worüber ich mich aufregte: »was soll denn diese blöde Pisserei?«, denn es geht in dem Stück darum, dass wir bei einem Autounfall jemanden umfahren, rücksichtslos sind, wobei einer auf die Bühne kommt und sich auf die Brust klopfend damit angibt, dass er einen großen Mercedes hat, mit dem er aber dann ein Kind umfährt, es skrupellos umbringt • Frank-Patrick Steckel ist wieder Intendant in Bochum, man hat ihn einfach wiedergeholt, weil die anderen alle nichts gebracht haben, es ist alles wieder wie früher und ich besuche die Leute dort, es ist auch alles ganz in Ordnung, er und ich reden ganz normal miteinander und dann entdecke ich eine Bibliothek mit einem Lexikon, das aus riesigen weißen Bänden besteht, neben dem zwei Bände in der gleichen Aufmachung und im gleichen Format stehen, die den Titel »Die Kinder« tragen; ich guck rein, um zu sehen, was das ist, kann nichts erkennen, vorne ist ein Zehn-Euro-Schein drin und ich denke: »das muss ich Steckel sagen, die braucht er vielleicht mal, die zehn Euro« –

– beim Ausstellungsabbau ist die Kerze in eine Säure gefallen, wodurch sie unglaublich gut und hundertprozentig gesäubert und renoviert ist und am besten von allen Ausstellungsstücken jetzt geht, dieses Säurebad war wie ein Erfrischungs- und Verjüngungsbad; das wird Heiner natürlich freuen, aber da kann man nichts machen • bin wieder mit dem Schauspielerkollegen an der Ampel, an der man dreißig Euro zahlen muss, wenn man barfuß da ist, da es aber zwei Ampeln hintereinander waren, werden es also sechzig Euro, und wir wollen so schnell wie möglich zurück; er steht neben mir und zeigt auf seine Füße, daneben sieht man meine Füße: sie sind barfuß, und hinterher denke ich, das hat gar keinen Sinn, das Geld da reinzulegen, man hat ja gar keine Quittung – beim ersten Mal hab ich’s machen müssen, weiß auch nicht mehr genau, warum, aber ich musste, beim zweiten Mal wäre es unnötig gewesen • auf dem Pappkarton, dem kleinen externen Lautsprecher, den man außen hinstellen kann, steht: »keine Einbrecher!«, als ob man die dann nicht klauen könnte oder dadurch die Musik gerettet würde, und wie ich die beiden Lautsprecher nehme, frage ich mich, was das soll • sitzen zu viert am Frühstückstisch im Hotel in einem rundum von Fenstern umgebenen Raum, durch die man gut die Stadt sehen kann, es könnte in München am Stachus sein, und der Typ mir gegenüber behauptet, Bernd Eichinger zu sein, sieht ihm auch ähnlich, kann es aber eigentlich nicht sein, weil er ja tot ist, aber vielleicht ist das ja nur ein Trick gewesen, um unerkannt weiterleben zu können, er gibt sich sehr bescheiden und zurückhaltend und ich sage nichts dazu, zumal Barbara Rudnik neben mir sitzt, die eigentlich auch nicht da sein kann, dann aber hoch in ihr Zimmer geht und kurz darauf wieder runterkommt, ich bin so lange neutral, was soll ich mit dem reden?, der benimmt sich wie Bernd und könnte er durchaus sein, aber als Barbara wieder runterkommt, guckt sie mich verschwörerisch an und versucht, mich auf die Seite zu ziehen, damit der Typ nicht hören kann, was sie sagt, und flüstert mir zu: »ich muss unbedingt mit dir reden!« und ich denke, das bezieht sich auf die Frage, ob das wirklich Bernd Eichinger ist oder nicht, aber wir kommen nicht weiter dazu, darüber zu reden, sondern gehen raus, wo auf dem Vorplatz des Hotels, das auch als Café gestaltet ist, Jugendliche ein Spiel machen, wo sie sich gegenseitig wie bei »fangen« jagen und erwischen müssen, einer davon ist in einen schwarzen Regenüberzug gekleidet, der immer einen oder eine aus der jeweils fünf bis sechs Jugendlichen großen Gruppe, Jungen und Mädchen zusammen, erwischen muss, sie rennen voreinander weg und der jeweilige Regenjackenbemantelte, der einen oder eine erwischt, muss denoder diejenige in die Brust beißen, woraufhin die beiden erstarren und eine Weile so stehen bleiben müssen, also das ist das Ziel dieses Spiel, den anderen in die Brust zu beißen, damit er dann an dieser Stelle erstarrt, und nebendran laufen Leute mit weiß geschminkten Gesichtern rum, weiß gekleidet wie diese Figuren, die in München oder in Köln auf den Touristenpunkten herumstehen und sich nicht rühren oder Bewegungen machen, die hier aber zum Teil wie normale Gäste im Café sitzen, und ich will mir die näher angucken, einer von denen ist sogar eine Bedienung, ein Typ, der an die Tür zu einem Servicehäuschen gelehnt steht und mit einem anderen redet, und in diesem Moment kommt Eichinger dazu und will auch mit den beiden reden und fragt, wie viel man dafür kriegt, wenn man das macht, in Wirklichkeit kostete das aber was, um so etwas machen zu dürfen, nämlich so um die elf- oder zwölftausend Francs CFA, was Eichinger auch machen will, jedenfalls einen Tag lang, um diese Erfahrung zu machen, wie er mir dann sagt, als ich wieder zurück ins Hotel will, aber er sich dann draußen auf die Wartebank setzt, und wie ich in die Halle vom Hotel zurückkomme, spricht mich der andere Schauspieler an, der vorhin mit am Tisch saß und sagt: »es ist völlig klar, das kann nicht Bernd Eichinger gewesen sein, das ist irgendein Hochstapler, der sich als Bernd Eichinger ausgegeben hat, und dann denke ich auch: »Eichinger würde nie so was machen wie eine angemalte Figur spielen, nur um diese Erfahrung zu machen, das hat der nicht nötig, das ist nicht seine Art«, außerdem war das der Grund, wieso Barbara mit mir reden wollte, denn sie kannte ja Eichinger gut genug und musste es ja wissen, ob er es war oder nicht, und als ich dann die Stockwerke hoch in mein Zimmer fahre und gehe, denke ich: »jetzt ist es schon wieder so weit, dass ich nur noch zwischen den verschiedenen Hotels hin und her renne und nicht mehr weiß, wie es bei mir zuhause aussieht, eigentlich wollte ich es doch nicht mehr so weit kommen lassen!«; der Schauspielerkollege kommt auch mit und wir haben jeder vier geschmierte Schinkenbrote dabei, richtige Doppelstullen in kleinen Plastiktütchen, und wie wir ins Zimmer kommen, ein ziemliches großes, wohnzimmerartiges, saalartiges, denke ich: »eigentlich hab ich ja keinen Hunger, aber eines könnte ich ja schon mal essen«, und der Kollege sagt, während er sich auf den Boden bei mir in diesem riesen mit dicken Polstermöbeln eingerichteten Zimmer fläzt: »ich will jetzt auch essen!«, worauf ich denke: »ach komm, dann essen wir die eben« und er sagt: »dann essen wir eben keinen Käse, nur den Schinken, man kann doch mal ohne Käse essen, das geht doch auch!« und ich sage: »ja, das ist auch gut!« und habe plötzlich ziemlichen Hunger –

 

– wir fahren nach Fadiguila10 und gabeln Batoma unterwegs auf • nach einer vor der Botschaft durchwachten Nacht – bin viel zu früh gekommen und völlig übermüdet – tadelt mich deswegen die Organisatorin der Ankunft beziehungsweise Journalistin, die mit Akten in der Hand auf dem Botschaftsvorplatz steht und auch wartet: riesen Absperrungen sind aufgebaut, meterhohe Zäune fast wie vor einem Knast, zwei Fernsehteams sind auch da, es geht darum, dass die Kinder sich auch wohl fühlen hier in der Botschaft, ich finde das aber unmöglich, dieses Verhalten, und auf dem Vorplatz steht ein »klackartiges« kleines Denkmal; und dann kommen endlich der neue Botschafter beziehungsweise erste Autos der Begleitkolonne, gigantische amerikanische Straßenkreuzer, völlig verstaubt und verdreckt von der Fahrt, was heißt, dass er mit dem Auto direkt – wahrscheinlich über Mauretanien – gekommen ist, nicht mit dem Flugzeug, das erste Auto fährt durch das geöffnete Gitter, die Fernsehteams filmen, die Organisatorin schaut kontrollierend, es ist ein beiger Straßenkreuzer, in dem in mauretanische Kaftane gekleidete Männer sitzen, dann kommt eine noch größere dunkle Limousine, bis unter die Fenster dick verstaubt und darin sitzt der neue Botschafter, ein ganz widerlicher Typ mit dunklem, zerklüfteten Gesicht, auch in einen blauen Kaftan gekleidet, die anderen sammeln sich draußen, um auch reinzukommen, und die Frau, die das alles organisiert, sagt – weil ich mich wundere, dass schon Montagmorgen ist, ich also die Nacht über da war –, dass es ja dann kein Wunder sei, dass ich am Tag vorher den Zeitpunkt nicht erwischt habe, als wir uns treffen wollten, weil ich da um fünfzehn Uhr kam, es aber in Wirklichkeit viel später war, und ich nehme mir vor, einen Artikel zu schreiben, wie unglaublich rückschrittlich so etwas ist, dass es ein Skandal ist, dass so etwas heutzutage überhaupt noch möglich ist, dass so ein Typ heute überhaupt noch Botschafter werden kann, aber dann sammelt diese Organisatorin beziehungsweise Journalistin gebrauchte Bleistifte, Kugelschreiber des Botschaftssitzes ein, was dann den »armen Negerkindern« gegeben werden soll, was ich total daneben finde • Mah nimmt sich ganz viele Kartoffeln auf den Teller und ich frage mich, ob sie die überhaupt alle essen kann • fahre ganz hinten in einem Zug, bin schon die ganze Nacht durchgefahren, völlig übermüdet und es wird langsam Tag, da sehe ich die wegfließenden Schienen und die sich erhellt habende schöne Landschaft dahinter, freue mich, dass ich diesen guten Platz erwischt habe, denke, dass ich aufpassen muss, nicht vergessen darf, meine zwei Koffer mitzunehmen, sehe dann oben auf dem Gepäcknetz Leo schlafen, die Schnauze auf einen Sack gelegt, so dass sie regelrecht nach oben weist, und bei der nächsten Station sehe ich eine Schulklasse von hinten kommen, die Kinder rennen schreiend zum Eingang und dann sehe ich sie auch weiter vorne reinkommen, ärgere mich, weil ich gerade pinkeln gehen wollte und die jetzt bestimmt die ganzen Klos besetzen, weswegen ich schnell losgehe, bevor es zu spät ist, obwohl ich ja schon hinter denen bin, und ich stelle fest, dass das ein ganz merkwürdiger Zug ist, denn das Abteil, in dem ich saß, dieses Schlussabteil ist das einzig normale, alles andere sind waggonlange Kunststoffkabinen aus hellgrau ummanteltem Hartplastik mit gerundeten Kanten, an deren Seiten zum Teil Schaffner oder uniformierte Bahnangestellte sitzen und irgendetwas arbeiten; es gibt auch Kabinen, aber das sind keine Klos, die Schulklasse ist auch nicht mehr zu sehen, auch sonst sind weit und breit keine Leute, später noch irgendwo ein Steward, und wieder weiter vorne wird es ganz merkwürdig: der Zug knickt im rechten Winkel ab, was physikalisch gar nicht möglich ist, weil er ja dann auf unglaublich breiten Schienen fahren müsste, denn er geht nach dem Knick noch sehr tief weit länger nach vorne, jeder Waggon ist verschieden gestaltet und geformt, es gibt gar keine Abteile, nur die Wagen, aber alles leer, und er fährt schnell vorwärts, man sieht eine wunderschöne, helle, meerige oder Seenlandschaft, fast weiß –

– wir essen mit einer großen Familie mit Kindern an einem großen Tisch, ich esse wieder am meisten, bin am Ende noch nicht fertig; hab ein Glas Wein getrunken und die Tochter des Hauses, die neben mir sitzt, sagt: »es gibt nur ein Glas Wein, es ist aber auch Tee und alles Mögliche andere da – ich hab schon mal eingegossen« – und in meinem Glas ist tatsächlich Tee, den ich erstmal auf einen Rutsch trinke; draußen auf dem Turm ist ein großes Bild von diesem Essen gemalt – woher soll der Hund wissen, wovon wir reden? –

– der Punkt der Registrierung ist selber nur eine Datei oder ein Terrain sozusagen, eine Ablagemöglichkeit, ein Terrain, auf dem dann das Gefährt, in dem das drin ist, fahren kann, aber der, der für die Sachen von unserem Dreh bereitsteht, ist eh belegt und ich hab mir das eigentlich auch schon so gedacht, also das Akzeptierte entfaltet sich nicht, aber die Sperre für meine PDFs ist auch drauf, also man muss da irgendwie neue Sachen finden, wie man die Sache sicherheitskopiert machen kann; die Sicherungskopie ist selber ein kleiner Kasten, das heißt, die Sicherungskopie ist genau so ein Paket wie das Original, aber das hilft alles nichts, das muss man irgendwohin packen und weitermachen, die Sicherungskopie ist selber ein eigener Mediaplayer, den ich installiert habe; wir sind bei Sylvia, aber wenn ich mit meinen Sachen komme, ist alles Zero Zero; um achtzehn Uhr kommt die Familie, dann steht das Original auf und es wird diese Kopie gemacht, und dann geht es überhaupt erst richtig los, und die Kopie nimmt materiell genauso viel Platz weg wie das Original und dann suchen wir eben eine Kiste raus, wo diese ganzen Sicherungsdoppelungen reinkommen, für die Formulare, die ich unterschreiben muss • ein ganz, ganz teures Restaurant, eine Mischung aus »Reste fidele« und »Gallo«, wir sind zu mehreren und alles ist voll, aber die Besitzer machen für uns, weil wir Stammgäste sind, einen Nebenraum auf, in dem bereits andere Spezialgäste sitzen, alles »very important Persons«, die uns entsprechend hochmütig angucken, weil wir schlicht gekleidet sind, ich habe mir auf der Fahrt hierher mein T-Shirt ausgezogen, weil es mir zu heiß wurde, und wir stehen am Rande und warten, bis wir einen Tisch zugewiesen bekommen, weil es erstmal so aussieht, als seien auch hier alle Tische besetzt, und diese etepetetearroganten Scheißleute gucken uns hochnäsig an, machen spitzzüngige Bemerkungen, eine ältere Frau mokiert sich, dass ich obenrum nackt bin, und ich zieh mir dann halt mein nassgeschwitztes T-Shirt wieder an, quäle mich da rein, weil es klebt und ein Schal drin ist, denn ich angezogen hatte, weil es anfänglich zu kalt war; an der Seite steht Hanns Martin Schleyer und guckt misstrauisch, wir sind zusammen da hingegangen, um mal in Ruhe über alles zu reden, weswegen auch die Restaurantbesitzer kommen und sagen, dass das doch eine ganz besondere Gelegenheit sei, die man ausnützen müsse, wenn Hanns Martin Schleyer da sei, reiben sich geradezu die Hände vor Befriedigung über diese Wichtigkeit, würden am liebsten sofort die Presse holen, suchen einen besonderen Tisch, an dem wir alles besprechen können, was mir alles sehr peinlich ist, vor Schleyer, vor den anderen und überhaupt ist alles völlig unklar, vor allem, woher die wissen, wer er ist, aber dann beginnt das Gespräch und Schleyer, der seitlich an der Wand an einen Tisch gelehnt steht, hat etwas in der Hand, was ich erst mit der Zeit als eine ziemlich große, längliche, rechteckige Kamera erkenne, mit der er mich aufnimmt, weswegen ich mich frage, ob er so was immer dabei hat und dauernd alle Leute aufnimmt, er sagt aber zunächst, dass er auch mal die Gelegenheit wahrnehmen möchte, mit mir zu reden und mich zu fragen, wie ich dazu komme, ihn zu entführen, wobei er ziemlich sauer wird, sich in Rage redet, wütend mir hinter seiner Kamera, deren Monitorbild ich im dahinterliegenden Fenster gespiegelt sehe, vorwirft, ich sei doch derjenige gewesen, der ihm das Tuch über den Kopf geworfen habe, woraufhin ich ausflippe und sage: »das stimmt doch überhaupt nicht, damals war ich doch noch gar nicht bei der RAF, ich bin doch erst ein paar Tage später abgetaucht und dazugestoßen, selbst die Polizei weiß, dass ich damals noch gar nicht bei der RAF war!«, aber dann flippt er auch aus, glaubt kein Wort, geht raus in die Garderobe, fummelt an den Mänteln rum, denkt dabei nach und kommt wieder rein, hat sich beruhigt und sagt: »ja, wenn das so ist, ist das klar«, dass ich das nicht gewesen sein könne, er will aber trotzdem endlich mal über alles reden, jedenfalls anfangen damit, und kommt freundlich auf mich zu – bricht aber, als er vor mir steht, zusammen, bekommt einen Herzanfall, Schweißausbrüche, ich fange ihn auf und setze mich auf den Boden, er liegt mit dem Kopf auf meinem Schoß, ich rufe nach unseren Ärzten, frage, wo Bassy ist, aber die sind plötzlich alle nicht mehr erreichbar obwohl Bassy mit dabei war! und aus dem Fenster raus sieht man in den oberen Stockwerken des gegenüberliegenden Hauses Hausbesetzer oder ähnliche Leute, die aus dem Fenster raus Fahnen schwenken und nach unten fallende längliche Parolenbänder rauslaufen lassen, Politkunstleute, die da eine Aktion machen, auch Texte laut schreiend von sich geben und das alles filmen, gleich wird die Polizei kommen, weil das auch sehr gewalttätig abgeht, aber trotzdem eine Kunstaktion beziehungsweise ein Film sein soll, aber dann versöhnt sich Schleyer mit mir, er liegt sozusagen in meinen Armen und ich habe Angst, dass er ausgerechnet jetzt stirbt, aber dann geht es ihm langsam besser, er beruhigt sich, steht sogar wieder auf und sagt: »nee, alles ist gut, wir können wieder nach Hause gehen« und ich begleite ihn durch die Straßen, er hakt sich bei mir unter, lehnt seine Schulter an mich, wir sind ganz versöhnt, und ich erkläre ihm, dass es bei mir halt auch noch der Unterschied zu den anderen aus der RAF war, dass ich vorher eine Karriere als Filmschauspieler gemacht hatte, also sozusagen ein Leben vor der RAF, während die anderen sonst nichts in ihrem Leben außer die RAF hatten, wozu er verständnisvoll nickt, und dann erkläre ich, dass ich eben auch klare Kriterien hatte, mit denen ich in die RAF gegangen bin – keiner mehr Hunger, alle Trinkwasser – und dass ich deswegen damit die RAF an der Praxis messen und merken konnte, dass das nicht erfüllt wird, ein Prozess, welcher etwa fünf Jahre gedauert habe, wozu er nichts sagt und weshalb er leer geradeaus schaut, aber sagt, dass er sich das gut vorstellen könne, wir reden dann weiter über alles in einer sehr friedlichen und versöhnlichen, fast liebevollen Atmosphäre, und in der Nähe seiner Wohnung kommt aus einer Seitenstraße seine Assistentin, ein älteres Semester, die mich an die Regieassistentin von Oliver Storz erinnert und sie auch sein könnte, sie hat ein dickes Notizbuch, eine Art Kalender mit einer Seite für jeden Tag, in dem aber auch viele andere Notizzettel und Quittungen liegen, und sie beginnt auch gleich ganz wichtig, an Terminabsprachen zu erinnern und neu dazu gekommene zu berichten, aber Hanns Martin Schleyer will erstmal Kässpätzle essen, wozu ich sofort anbiete, dass ich die doch machen kann, allerdings habe ich gleichzeitig Angst, das Versprechen nicht einlösen zu können, weil es schon Nacht ist und ich jetzt nicht mehr die nötigen Zutaten einkaufen kann, aber Schleyer versteht das nicht, weswegen ich es nochmal sage und die Assistentin es versteht, aber ganz hochnäsig wegwerfend, während sie in ihre Notizen guckt sagt: »naja, das können Sie ja einmal machen, irgendwann«, aber da versteht Schleyer und sagt erfreut: »nein, die machen wir gleich oben dann!«, aber sie erzählt, dass in der Wohnung oben ganz viele Katzen sind, weil sie viele Klappen gebaut haben, damit alle Katzen der Umgebung reinkönnen, denn je mehr Katzen in der Wohnung sind, desto mehr Glück bringe das, dann könne nichts passieren, man werde nicht krank, es sei wie eine Art Versicherung, diese ganzen Katzen im Haus zu haben –

 

– man kann die Fotos in Echt ansehen wie auf dem Bildschirm, man kann in Echt jetzt auch Ordner in Form von Schubladen machen wie auf dem Bildschirm, aber man kann es nicht behalten, es ist dann weg, virtuell, nur anzusehen, nicht anzufassen – wir sind in einem großen, verfächerten, vielebenigen Haus, eine Art lockeres Großkollektiv, hell und offen, lauter Künstler, Madonna ist mit ihren Kindern zu Besuch, ich sehe sie ein halbes Stockwerk tiefer mit einer Gruppe von Leuten am Boden sitzen und lachen, bin aber gerade auf dem Weg noch ein Stockwerk höher rauf, weil ich organisieren will, dass alle ein Hörspiel über Rudi Dutschke hören können, in dem ich vorkomme und auch Madonna erwähnt wird, weswegen das unbedingt jetzt gehört werden muss, damit sie das auch mitbekommt und vor allem die ganzen jungen afrikanischen Freunde was über Dutschke erfahren, ich muss aber erstmal noch was zum Anziehen suchen, weswegen ich hochgehe, wo auf dem breiten Gang zwischen zwei Etagen, der auf der einen Seite ein Holzgeländer hat, ein eher arroganter Typ sitzt, in einem Liegestuhl, in dem er an einem Laptop arbeitet und mir in Sachen Klamotten nicht weiterhilft – ich brauch ja nur nen Pulli oder eine Jacke, will es auch nur geliehen haben! –, sondern mich weiter nach oben bis ins Dachgeschoss verweist, wo aber wieder andere Leute sind, die ich nicht kenne, die mir aber sehr freundlich ganz viel anbieten, wir sind ja alle eine Truppe und sie wollen mir gerne helfen, aber das passt alles nicht und ist auch viel zu dick, weswegen ich wieder runtergehe und mit dem Motorrad eben mit nackten Oberkörper und Batoma hinten drauf losfahre, wobei wir über alles mögliche quatschen und lachen, regelrechtes »baroke11« machen, bis ich merke, dass mich das zu sehr vom Fahren ablenkt, weil zudem auch die asphaltierten Straßen beginnen und ich mehr aufpassen muss, weswegen ich sage, dass wir jetzt aufhören müssen zu quatschen, weil wir uns sonst verfahren, wonach wir auf den Beginn einer wahnsinnig breiten umfänglichen funkelnagelneuen Autobahn mit frischen weißen Spurmarkierungen stoßen, die von zwei Seiten mindestens sechsspurig zusammenfließt und bei der unklar ist, wo es in welche Richtung geht, wobei ich fast in die falsche, also Gegenrichtung, fahre und an einer Mittelstreifen-artigen Landzunge anhalte, wo sich die Wege teilen beziehungsweise zusammenfließen, aber nicht klar ist, was in welche Richtung geht, Batoma und ich steigen ab und holen den Plan raus, breiten ihn auf dem Motorradsitz aus und betrachten ihn erstmal ratlos, weil das gar nicht das Bamako ist, das man kennt, bis Batoma anfängt, mir den Plan zu erklären: das, wo wir seien, sei eine neue Autobahn weiter draußen, die äußerste Umgehungsstraße von Bamako, die auch im Plan ganz fett eingezeichnet ist und von der ich bis dato noch nichts wusste, und dann muss man quer runter, bis man etwas weiter sozusagen auf den inneren Ring kommt, von dem mir zumindest etwas schwante, aber dann verschwimmt alles, wird unklar, weiß sie auch nicht, was wo ist und wie man wo hinkommt, vor allem eben bis zum innersten Ring, Rue Koulikourou, versichert aber einleuchtend und unwidersprechbar, dass wir jetzt an diesem äußersten Ring seien und man da vorne, etwa fünfzig Meter weiter, hinter der einen der sechsspurigen Straßen, einen leichten Anhang hochklettern müsse und sich dahinter dann durchschlagen könne, das Problem ist aber, wie wir über die sechs Spuren rüberkommen, es ist ein riesiger Plan mit wahnsinnig komplizierten Verzwickungen und Verzweigungen der Straßen, und ich weiß nicht, wie ich das schaffen soll, woraufhin wir erstmal in die Wohnung einer Frau gehen, die nicht da ist und in deren Bett wir ficken können, was wir auch wie wahnsinnig tun, obwohl es ein Souterrain ist, dessen Fenster auf die Straße weisen und keine Vorhänge haben, und da sehen wir dann auch draußen die Frau kommen, der die Wohnung gehört, und es wird total peinlich, dass sie ausgerechnet jetzt kommt, da macht sie schon die Tür auf und kommt rein, eine eher ältere, die einen komisch zerfetzten Rock anhat, praktisch nur das Unterzeug, vom oberen hängen nur noch Fetzen am Bund, aber die Frauen kennen sich und begrüßen sich ganz normal und sie sagt: »wir kennen uns doch und ich bin ja auch nur Putzfrau und dachte, ihr wolltet euch nur ein bisschen unterhalten«, was mich an Rosemarie Prieß erinnert, aber das stört den Hund, den ich noch nicht bemerkt hatte – sie hat auch zwei weitere Hunde dabei –, weswegen sie diesen Hund mitnimmt, damit er sich nicht ansehen muss, wie wir ficken, ruft alle Hunde raus zu sich, während sie geht, und wie der Hund, der schon da war, rausgeht, sehe ich, dass der zwei Gesichter hat, eines vorne und eins in der Mitte, woraufhin ich erstmal noch woanders hingehe und auf der Straße Idrissa treffe, der mir ein riesengroßes Buch über Georgi Dimitroff gibt, dessen Innenblock sich schon vom Umschlag gelöst hat und in dem viele Fotos drin sind, eine richtig umfangreiche Dokumentation, die ich erstmal an mich nehme, aber dauernd drauf aufpassen muss, dass der Inhalt nicht rausfällt, während wir vor allem Weiteren erstmal in die Bibliothek gehen, zu der wir mit dem Auto fahren, das wir im Hof der Bibliothek ganz hinten unter Bäumen parken, und von dort dann ziemlich weit bis zum Eingang gehen müssen, wobei ich mich immer noch mit diesem Dimitroff-Folianten rumschlage, teilweise reinschaue, immer wieder gerade noch verhindern kann, dass der Inhalt rausrutscht, aber begeistert bin, was da alles an Dokumenten drin ist, aber schon in der Vorhalle wird klar, dass ich das Buch, das ich suche, dort nicht bekommen werde, woraufhin ich aber Idrissa von Dimitroff erzähle und auch von der Radiosendung über Dutschke, sage ihm, dass er da auch hinkommen soll und mitbekommen wie das war mit der Studentenbewegung, das sei auch wichtig für Mali • gebe Mah die Klipse12 für die Klamotten, habe drei Pakete mit dicken weiße festen Klipsen, in denen je zwanzig bis dreißig Stück drin sind • stehe am Rande eines riesigen Flussbettes, das das des Niger ist, aber völlig ausgetrocknet, nur ein winziges Rinnsal in der Mitte, aber einen halben Kilometer breit und auf der anderen Seite steil aufsteigende Klippen, und da kommt tatsächlich in der Mitte ein längliches Frachtschiff angeflitzt, wohl ein Kohlenfrachter, ich wundere mich, wie schnell der daherzischt, und fühle mich in meinem Verdacht bestätigt, dass der Niger nämlich in Wirklichkeit nur ein schwächliches Bächlein ist, gehe näher ran und frage mich, ob der ziemlich große und lange Kahn, der direkt vor mir vorbeizischt, vielleicht sogar Räder hat, weil dieses Rinnsal doch keine Tiefe hat, weswegen ich dann auch drüber gehe und feststelle, dass dabei kaum meine Füße nass werden, aber an den glitschigen Felsen auf der anderen Seite komm ich nicht hoch, bin erst etwas ratlos, nicht gerade panisch, aber doch unruhig, wie ich aus dieser Situation wieder rauskommen soll, da sehe ich weiter unten eine breite Vortreppe aus Beton mit den üblichen betonierten runden, kegelförmigen Pföstchen, letztlich ein Touristenteil mit Treppen, die durch die Felsen gebrochen bis runter ans Flussbett reichen, also wenn er voll wäre, halb unter Wasser wäre, und gehe da hin, um rauszukommen, kann dort auch tatsächlich hochgehen, aber dann sind da erstmal spielende Kinder, weiße, die mit schwarzen spielen, und deren Eltern, wirklich Touristen, weshalb ich möglichst schnell vorbeigehe, aber kurz darauf einen Mann mit Kinderwagen sehe, der mit seinem Kinderwagen stehen bleibt, woraufhin das Kind »Towabu13!« sagt und ich wieder einmal hingehe und dem Kind das Problem erkläre, das dazu nichts sagt, aber der Vater stimmt zu, sagt, dass ich recht habe, umarmt mich und küsst mich auf die Stirn und sagt fast mit Tränen in den Augen: »du bist ein lieber Towabu!« und geht mit seinem Kind im Kinderwagen und dann bin ich mit meinem Bett unterwegs und will einkaufen, schiebe es an der Moskitonetzstange vor mir her, was teilweise mit der schlecht gepflasterten Straße nur schlecht geht, frage mich auch, wieso ich das überhaupt mitnehme, weil ich doch gar nicht übernachten will, aber jetzt ist es schon mal dabei und schiebe es im Hintereingang von dem Supermarkt oder fast schon Einkaufszentrum rein und finde sogar eine Stelle, an der ich es abstellen kann, wobei es viel kleiner ist oder wirkt, als man denkt, und ich denke: »wird schon nicht geklaut«, gehe dann rein in den Supermarkt, der von Johannes, nur viel größer, sein könnte, suche eigentlich nur eine Flasche Öl, sehe zwei Damen, die auch etwas suchen, gleichzeitig aber ihr Geld zählen und sortieren, da kommt ein Inder, ein essender Inder, und spricht essend und im Vorbeigehen die beiden Damen an, sie sollten sich doch setzen und neben ihn setzen, und setzt sich am Beginn einer abwärts gehenden Ebene hin, so wie am Flughafen, wo man zum Bus, der einen zum Flugzeug bringt, runtergehen kann, isst weiter und fordert die Damen weiter auf, bis die dann ziemlich böse sagen, sie wollten nicht mit ihm reden, und ich wieder rausgehe und an einer Straße vorbeikomme, in der Geschäfte sind, deren Besitzer ich alle kenne, wo ich aber lange, lange nicht mehr war, auf die ich aber keinen Bock habe, die ich nicht grüßen will, weshalb ich in einer Art Trab zu rennen beginne, wobei ich weder rechts noch links schaue, damit ich nicht grüßen muss, wundere mich auch über diese – in Afrika gebaute! – gepflasterte Straße mit Gehsteig, und dieses trabende Laufen geht ganz einfach, so federnd, ohne jegliche Anstrengung, und eine junge Frau, die aus der Nebenstraße kommt, guckt mich an und nickt bewundernd, dass ich so toll rennen kann, sehe auch die Leute, die ich kenne, vor ihrem Antiquitätengeschäft sitzen, grüße aber nicht, renne, weiter, trabe fast wie fliegend, bis ich mir am Straßenrand mit Felix ein Buch über Cuba und die Revolution von Fidel Castro ansehe, in dem zwei Fotos von Mali sind, vor und nach der Entkolonialisierung, also vor und nach etwa neunzehnhundertfünfundsechzig, man sieht die Teile, die noch gleich sind, an der Ansicht eines Wirtshauses, das wie aus Baden-Baden aussieht, und da ist vorne links von unten über zwei Stockwerke gehend ein Mann draufgemalt, ein bisschen wie eine Sitzwegfigur, hager mit Hut, Schneider-von-Ulm-artig, während weiter oben eher Schwarzwaldfenster eingebaut sind und der Dachfirst mit Blumen bekränzt ist, wobei die ganze Fassade vor der Revolution dunkler aussieht, nach der Revolution heller, und Felix sagt: »das kann gar nicht Gadhafi sein, den gab’s damals − neunzehnhundertfünfundsechzig − noch nicht« und der Mann an der Wirtshauswand sieht tatsächlich wie Gadhafi aus, aber ist es bei genauem Hinsehen eben doch nicht –