Die Passion Jesu im Kirchenlied

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From the series: Mainzer Hymnologische Studien #28
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Sündenerkenntnis und Hinwendung zu Christus

Die Vielschichtigkeit der Passionsbetrachtung wird im Lied von Hermann Bonnus erkennbar. Zum Einen wird das Versöhnungsmodell über mehrere Strophen entwickelt. Es folgt, wenn die Darstellung beendet ist, die explizite Botschaft an den Singenden: Des solln wir uns trösten. Und im folgenden spricht der Singende die Bitte um Zueignung der Seligkeit und um künftige Bewahrung in ihr aus.

Es kommen also die verschiedenen Aspekte der Passionsbetrachtung zum Ausdruck: Die Zerknirschung über die Sünde, das Betrachten und Meditieren des Ereignisses am Kreuz und auch die Gewißheit dessen, daß der Gekreuzigte die Bitte um Erbarmung hört.

Zu Beginn führt sich der Singende ausführlich seine Verlorenheit an die Sünde vor Augen. Er erkennt seine Unfähigkeit, sich selber aus der Lage zu befreien: „O wir armen Sünder“, die dem ewgen Tod unterworfen sind. Die Perfekt-Form, die eine nicht abgeschlossene Vergangenheit formuliert, macht die Gegenwärtigkeit von Sünde und Tod im menschlichen Leben intensiv spürbar.

Das Leiden um der Sünde willen, dem sich Christus unterworfen hat, wird in den ersten Strophen in gleicher Intensität nachvollziehbar. Gleichzeitig sinnt der Singende schon über die Bedeutung dieses Ereignisses nach und kann, erkennbar am Konj. II („hätten wir müssen“), schon die Tatsache des Überwunden-Seins dessen, was sein Leben bedroht hat, vor sich aussprechen.

Dann schließlich wendet sich das Singen ganz den hoffnungstragenden Aspekten der Gnade, des Trostes, der Seligkeit zu, in denen die Zueignung der Hingabe Christi für den Menschen sichtbar wird.

Doch in allem Singen, auch zu Beginn, als noch Sünde, Verlorenheit und das Leiden Christi bedacht werden, ist im immer wiederholten dreifachen Kyrie die Gewißheit des Singenden präsent, daß der Gekreuzigte das Beten und Bitten erhört und mit Erbarmen antwortet.

So ist auch hier ein Grundgedanke des Lutherischen Sermons gespiegelt: Die Betrachtung des Gekreuzigten geschieht in dessen Gegenwart. Denn der Mensch würde unter der Sündenerkenntnis zerbrechen, es würde für ihn „eyn lauter vorzweyffelnn drauß“1, wenn nicht Christus bereitstünde, daß er die Sünde „mit Wag“ auf ihn wirft. Die Selbsterkenntnis des Menschen als Sünder ist an die Gotteserkenntnis gebunden; Luther lenkt den Blick des Betrachters, der unter der Sündenerkenntnis leidet, auf „seyn fruntlich hertz, wie voller lieb das gegen dir ist“2.

Die Kreuzesbetrachtung ist im Lied also niemals allein die Betrachtung eines objektiven Geschehens, das außerhalb und unabhängig vom Menschen sich zuträgt, sondern in gleicher Weise der Blick auf das Kreuz im Bewußtsein, daß es gerade für den Betrachter geschieht und er sich mit der Bitte um Erbarmen an Christus wenden soll, der hier um des Menschen willen handelt.

Die letzte Strophe ist schließlich die Feier der Beziehung, die im Kreuz gestiftet ist: „Ehre sei dir Christe“ – der Singende kann trotz seines Sünderseins vor Christus stehen und ihn ehren, ihm ist Wert und Würde dazu durch Christus verliehen.

Die Verwobenheit von Sündenerkenntnis und Gotteserkenntnis, von Zerknirschung über die Sünde, von der Erfahrung des Befreitseins aus ihr, von vertrauensvollem Bitten und Lob und Ehrerbietung gegenüber Christus macht aus diesem Lied eine Passionsmeditation, in der sich die evangelische Grundhaltung gegenüber dem Kreuz erfahren läßt.

Zur Fassung des Liedes im EG

Im EG ist die Strophenreihe von Hermann Bonnus stark gekürzt und umgestellt worden. Die Strophe „Ehre sei dir Christe“, die bei ihm zum Ausdruck der Haltung geworden ist, die dem Sünder durch die Passion und das darin erworbenen Heil dem Sünder zugesprochen ist, steht nun zu Beginn. Die Begründung des Heils in der Strophe „Wäre nicht gekommen …“ wirkt fast formelhaft, da ihr keine inhaltliche Herleitung vorausgeht. Für die Aufforderung zu Lob und Dank gilt dasselbe.

Angesichts des hier dargestellten Liedkonzeptes, nach dem Bonnus dem Heilsgeschehen in einzelnen Schritten nachgeht und so den Weg des Singenden in eine aufrechte Haltung vor Christus nachvollziehbar macht, wird deutlich, daß dem Lied in seiner torsohaften Form im EG seine Idee und Eigenheit genommen ist. Darum erscheint es – auch wenn die drei Strophen in ihrer Reihenfolge inhaltlich schlüssig sind – als unbedingt geboten, in einer nachfolgenden Ausgabe des Gesangbuches wieder die Strophenreihe von Bonnus in ihrer ersten Form wiederherzustellen. So wird die Idee des Liedes deutlich und im Singen nachvollziehbar. So ist der Zugang zur Passion über die Selbsterkenntnis möglich. So ist das innere Abschreiten des Befreiungsweges zur Erkenntnis der Rettung aus der eigenen Verlorenheit im Singen erlebbar.

2.5 O Mensch, bewein dein Sünde groß

SEBALD HEYDEN, um 1530

1. O Mensch, beweyn deyn sünde groß,1

darumb Christus seyns Vatters schoß

eussert und kam auff erden;

Von einer Junckfraw reyn und zart

für vns er hie geporen ward,

er wolt der mitler werden.

Den todten er das leben gab

vnd legt darbey allkranckheyt ab,

biß sich die zeyt her trange,

Dz er für vns geopffert würd,

trüg unser sünden schwere bürd

wol an dem Creutze lange.

2. Denn als das fest der Juden kam,

Jhesus seyn Jünger zu jm nam,

gar bald thet er jn sagen:

Des menschen Son verraten würt,

anß Creutz geschlagen vnd erwürgt,

darauff die Juden tagen.

Jns Simons hauß eyn Frawe kam,

vil köstlich wasser zu jr nam,

wards vbern Herren giessen:

Etlich der Jünger murten bald,

Jhesus die frawen gar nit schalt,

das thet Judas verdriessen.

3. Zum Hohen Priester er sich fugt,

den Herren zu verrhaten lugt,

nam dreyssig pfenning bhende;

Bald Jhesus mit seyn Jüngern kam

vnd aß mit jn das Osterlamb,

und thet daß selbig enden.

Er satzt uns auff ein Testament,

sein todt zu bdencken biß ans end,

vnd wusch den Jüngern dfüsse;

Er bildt jhn für die liebe schon

vnd wie sie jn würden verlon,

mit trost thet ers beschliessen.

4. Darnach er an den Olberg tratt,

in forcht und zittern er da bat

‚ach, betet vnd thut wachen!‘

Ein steinwurff bald er fürhe gieng,

zu seynem vatter auch anfieng:

‚o vater, thu hie machen,

Das dieser kelch hie geh von mir,

dann alle ding sind müglich dir,

doch es geschech dein wille!‘

Solchs er zum dritten male bat,

so offt auch zu den jüngern trat,

sie schlieffen all in stille.

5. Er sprach ‚schlafft jr inn meynem leyd?

es ist gnug! Die stundt ist bereyt,

des menschen Son wirdt geben

In dhend der sünder! standent auff!

der mich verrat, der lauret drauff,

nun betet jr darneben!‘

Als er noch redt, sich, Judas kam,

ein grosse schar er mit jm nam

mit spiessen und mit stangen,

Ein zeychen der verräter gab:

‚welchen ich küß, merckt eben ab,

den solt jr weißlich fangen!‘

6. Als Jesus nu west alle ding,

gar bald er jn entgegen gieng

vnd sprach zu jhn mit gütte

‚Wen sucht jr hie mit solchem gwalt?‘

‚Jhesum!‘ sprachen sie, vnd fielen bald

zu ruck in jrem wüten.

Judas gab jm den kuß behendt,

der grausam hauff auff Jhesum rendt

vnd fiengen jn mit grimmen;

Petrus seyn schwerdt auß zucket recht,

hieb ab ein or des Bischoffs knecht,

Jhesus bald antwort jme:

7. ‚Ficht nit! steck ein das Schwerte deyn!

sol jch den kelch nicht trincken meyn?‘

den knecht macht er gesunde.

Der hauff Jhesum zu Annas fürt

vnnd auch zu Cayphas da rürt

gefangen vnd gepunden.

Petrus volgt in den hoff hineyn

durch den bekanten Jünger-sein,

verleugnet dreist des Herren;

Der Bischoff fraget Jhesum drat,

sy suchten falsche zeug und rat,

jn zu verdammen füren.

8. Christus antwortet jnen nicht,

der hohe priester zu jm spricht

‚was bistu darzu sagen?

Ich beschwer dich bey dem Gotte mein,

sag, bistu Christ, der sone seyn?‘

Jhesus antwort on zagen

‚Ich bins, vnd sag: zu dieser zeit

wert jr des menschen sone weyt

in wolcken sehen kummen,

Sitzen zur grechten Gottes feyn!‘

der Bischoff riß das kleyde sein,

er sprach ‚jr habt vernummen,

9. Das er hat glestert Gott so seer!‘

Er sprach ‚merckt auff, was wölln wir mer?‘

Sie sprachen ‚er sol sterben!‘

Vnd spyhen jm in seyn angsicht,

vil backen streych auff jn gericht

mitt lesterworten herben;

Verdeckten jm das andlitz seyn

Vnd schlugen jn mit feusten drein,

sagten ‚wer hat dich geschlagen?‘

Am morgen früe der hauffe gar

fragten Jhesum mit mancher gfar,

theten mit jm bald jagen,

 

10. Vnd gaben jn Pilato bhend;

Als Judas sach, wa nauß es lendt,

ward jn die sach gerewen:

Das gelt er bald den Priestern gab

vnd sprach ‚jch seer gesündet hab‘;

erkante sein vntrewe,

Erhenckt sich vnd schnelt entzwey;

Die Hohen priester beiderley

ratschlagten vmb das gelte:

Eyns Haffners acker kaufften sie,

den Bilgern zu begrebnus hie,

als auch der Prophet meldte.

11. Als Jhesus vor Pilato stund,

erhub sich grosse klag on grund,

theten jn hoch verklagen:

‚Dem Kayser hat er wider thon

vnd nennet sich eyn Gottes son,

verfürt das volck all tage.‘

Pilatus jn vil fragen thet,

Jhesus aber kein antwort redt,

das nam Pilatus wunder;

Er schickt jn zu Herodes hin,

Herodes frewet sich auff jn,

vermeynt was sehen bsunder.

12. Als Jesus nun keyn antwort gab,

verachtet jn Herodes drab,

schickt jn Pilato wider;

Pilatus brüsst die Juden, sprach

‚den menschen auch Herodes sach

vnd achtet jn für bider;

Ain gwonheyt jr allwegen hondt;

Darinn jr eynen gfangnen londt:

Jhesum will jch loß geben!‘

Sy schryen all mit lauter stim

‚Jhesum vns an das Creutze nym,

Barrabam laß vns leben!‘

13. Pilatus Jhesum geyseln ließ,

vnd unter dschar ins Richthaus stieß,

Jesus ein Purpur truge,

Auß dornen flachten sie ein kron,

die muste durch seyn haupte gon,

mit eym rhor sie jn schlugen,

Vnd grüßten jn ein Köng on spot,

spyhen auch in seyn angsicht kot,

seyn heyligs haupt auch schluge.

Pilatus sprach ‚secht an den man,

inn dem jch keyn args finden kan

vnd hab nicht straffens fuge!‘

14. Sie schryen all mit lautter stym

‚creutzige, creutzige! Den hin nym,

sunst bis nicht Kaysers freunde!‘

Als nun Pilatus hört diß wort,

setzt er sich an des Richters ort,

wusch dhend, wolt seyn on sünde,

Gab jhn den mörder Barrabam,

bald Jhesum er zu creutzigen nam

nach jrem falschen willen:

Seyn kleyder sie an theten jm

und fürten jn mit grosser stym,

das creutz trug er mit stillen.

15. Als sie nun giengen auß mit jm,

zwangen Simon in jrem grimm,

das er jms Creutz nach trüge;

Vil volcks vnd frawen waynten da,

bald Jhesus sprach, als er sie sach,

thet sich zu jnen biegen,

Vnd sprach ‚weynend nit vber mich,

jr töchter Zion, bewayne sich

ain yedes vnd seyn kinde!

Jr wert noch sprechen selig die

vnfruchtbarn vnd die seugten nie

vor forcht vnnd qual der sünde!‘

16. Sie kamen bald zur Schedelstat,

zween vberlthetter man da hat,

die man ans Creutz auch schluge

Zur lincken vnd zur rechten handt,

wie es die schrift lengst hat bekant;

Jhesus bald sprach mit fuge

‚Verzeich jn, vatter, dise that,

keynr weys was er hie thane hat!‘

Pilatus thet auch schreyben

Hebreisch, Griechisch und Latein:

‚Jhesus, ein Köng der Juden feyn‘,

das thet die Priester trieben.

17. Als nun Jesus gecreutzigt war,

sein kleider sie bald namen zwar

vnd spilten drüber bhende.

Als Jesus da sein muter sach,

darzu Johannem, bald er sprach

‚weyb, disen jch dir sende,

Diß ist dein son!‘ zum Jünger spricht

‚das ist deyn mutter, laß sie nicht!‘

bald er sie zu jm name.

Die Hohen priester tryben spot,

auch ander vil lesterten Got:

‚bist dus, der von Got kame?

18. Bistu nun Gottes lieber son,

steig yetz vom Creutz, hilff dir darvon!‘

das theten auch die Schächer:

Doch eyner sich zum andern kert,

Jhesus vnschuld er jn da lert,

sprach ‚Jesu, denck meyn nacher,

So du kummest ins Reyche dein!‘

Er sprach ‚heut würst du bey mir seyn

Wol in dem Paradeyse!‘

Ein finstern ward zur sechsten stund,

vmb neune Jesus schrey von grund

mit lauter stim vnd weyse

19. ‚Meyn Got, meyn Got, wie last du mich!‘

in spot brachten sie bald essich

vnd gaben jm zu trincken;

Als Jhesus den versuchet het,

sprach er ‚volbracht ists, das ich thet!‘

seyn haupt ließ er da sincken:

‚O vater, in die hende dein

befilch ich dir den geyste meyn!‘

schrey er mit lauter stimme,

Gab auff sein geist, der vorhang bhend

im Tempel riß entzwey zu end,

die felsen wichen jme.

20. Das erdtrich auch erzittert war,

die greber warden offenbar,

der hauptman und seyn gsinde

Sprachen ‚fürwar, der frumme was

vnd Gottes son, das zeuget das!‘

schlugen jr hertzen gschwinde.

Als sie den Schächern brachen dbain,

was Jhesus tod, brachen jm kain

vnd stachen auff sein seyten:

Es ran darauß wasser und blut,

ders hat gesehen zeugets gut,

die schrifft die zeygts auch weyte.

21. Nach dem, als nun der abent kam,

Joseph der frumme Jesum nam

vom Creutz, jn zu begraben;

Darzu auch Nicodemus kam,

vil Aloes und Mirrhen nam,

damit sie Jhesum haben

Gewickelt in ein Leynwath reyn;

da was ein grab in ainem stain

in eynem felsen newe,

Darein sy Jhesum legten schon,

waren ein stain darüber thon

vnd giengen hin mit trewe.

22. Die Juden fürten noch ein klag,

verhüttens grab, an dritten tag

Jhesus stund auff mit gwalte,

Auff das er vns ja frumme mecht

und mit jm in sein reyche brecht

auß der sündtlichen gstalte.

Darumb wir sollen frölich sein,

das vnser seligmacher feyn,

Christus, hat uberwunden

Für uns der sünden grosse not,

darzu die hellen und den todt

vnd auch den Teuffel bunden.

23. So last vns nun jm danckbar sein,

das er für vns lidt solche peyn,

nach seynem willen leben.

Auch last vns sein der sünden feind,

weil vns Gots wort so helle scheynt,

tag, nacht darnach thun streben,

Die lieb erzeygen yederman

die Christus hat an vns gethan

mit seynem leiden, sterben.

O menschen kindt, betracht das recht,

wie Gottes zorn die sünde schlecht,

thu dich darvor bewaren!

2.5.1 Einführung
Zur Biographie des Textdichters Sebaldus Heyden

Sebaldus Heyden war als Lehrer und Schulrektor, als Musiktheoretiker und als Kirchenliederdichter tätig.1

Am 8.12. 1499 in Bruck bei Erlangen als Sohn eines Bierbrauers und einer Hebamme geboren, am 9.7. 1561 in Nürnberg gestorben, bewegte er sich in räumlicher und innerer Nähe zu den reformatorischen Entwicklungen des 16. Jh. und ist innerhalb der verschiedenen theologischen Richtungen eng dem Denken Luthers zuzuordnen, von dem er sich hat prägen lassen.

Er wuchs in Nürnberg auf. An der Universität Ingolstadt seit 1513 eingeschrieben, schloß er seine Studien mit der Magisterwürde ab und war zunächst kurzzeitig an verschiedenen Orten als Lehrer oder Kantor tätig, bis er 1519 an der Spitalschule zum Hl. Geist in Nürnberg Kantor und 1521 Rektor wurde.

Er wandte sich der Lehre Luthers zu. Er pflegte Kontakte zu Anhängern der lutherischen Reformation, zu Wenzeslaus Link, der Luthers Theologie in das Nürnberger Augustinerkloster trug, zu Wolfgang Volprecht, unter dem das Kloster evangelisch wurde, zu Andreas Osiander, der dort Hebräisch unterrichtete, zu Hans Sachs, Albrecht Dürer, Lazarus Spengler.

1523, während der Reichstag in Nürnberg stattfand, lenkte er die Aufmerksamkeit durch seine Umdichtung der Marienantiphon „Salve Regina, mater misericordiae“2 zu „Salve Rex Christe, rex misericordiae“ auf sich und die neue christozentrische Theologie der Reformation.

In den entstehenden Streitigkeiten konnte er sich behaupten. Nachdem 1524 die Marienantiphonen in Nürnberg abgeschafft worden waren, wurde er 1525 der erste lutherische Rektor der Schule an der Hauptkirche Nürnbergs, St. Sebald.

Dem Humanismus nahestehend, führt er um 1542 das Fach Griechisch als Wahlunterricht ein.

Er verfaßt musiktheoretische, pädagogische, theologische Werke mit dogmatischen und seelsorglichen Inhalten.3

Er wurde für Nürnberg wesentlicher Promotor der Reformation, führte Protokoll in der Nürnberger Disputation und bei dem Osiandrischen Streit 1554.

Sebaldus Heyden als Liederdichter

Von Sebaldus Heyden sind neben dem hier behandelten acht weitere Lieder bekannt1:

Ein Lied zum Glaubensbekenntnis mit der Überschrift „Der Christliche Glaub, in Gesangsweyß gestelt durch S.H. Im Thon des Vatter vnser D. Lutheri, 1545“. Wem er theologisch in diesem Lied folgt, wird deutlich durch die Melodieangabe: er übernimmt sie von einem Lied Luthers.

Ein Lied, das für die Feier des Abendmahles bestimmt ist: „Als Jesus Christus unser Herr“, mit der Überschrift: „Die einsetzung vnnd brauch des heyligen Abentmals Jesu Christi vnsers Herren, inn gesangs weyß gestell“. Es erschien zuerst in einem Einzeldruck 1544, im Agendbüchlein des befreundeten Veit Diedrichs 1545, im selben Jahr im Nürnberger Gesangbuch „Geistliche geseng vnd Psalmen“ und zum letztenmal im Nürnberger Gesangbuch von 1778.

Sein Lied „Wer in dem Schutz des Höchsten ist“ nach Ps 91; es erschien zuerst 1545 in seiner unter dem Titel „Wie ein Christ in sterbßleufften sich trösten soll“ herausgegebenen Predigt zu diesem Psalm, ein weiteres Mal im nächsten Jahr in der Sammlung „Geistliche geseng vnd Psalmen“ und zum letztenmal im Gesangbuch „Geistliche liebliche Lieder“ des Johannes Porst 1797.

Ein Lied um 1554 zum Osterfest: „Ein Lobgesang von der Aufferstehung Christi, Vnd wazu vns dieselbe nütze sey“.

Vier Psalmlieder, mit Titeln wie „Der 1xxx. Psalm zu singen vnd zu betten f. die Christliche Kirchen, wider alle Widerchristen vnd verfolger des göttlichen worts, inn gesangs weyß gestelt“ oder „Gott vnser sterck vnd zuuersicht“ oder „Der xli. Psalm darin der heilige Geist sein Kirchen sonderlich troestet vnd sterckt wider den Türcken vnd alle andere Feind. Im thon. Nun freud euch alle lieben Christen gemein“; dieses ist nach 1548 veröffentlicht worden.

Zwei Intentionen scheinen angesichts der Themenauswahl Heydens auf. Einerseits die Unterweisung im evangelischen Glauben, so wählt er mit dem Glaubensbekenntnis, dem Abendmahl, der Vorbereitung zum Sterben und dem Osterfest Grundelemente des christlichen Glaubens zum Gegenstand. Andererseits könnte sein Anliegen sein, Trost zu geben angesichts der schwierigen Lage der Anhänger des lutherischen Denkens und sie in ihrem Glauben zu bestärken.

Der Blick auf seine Lieder zeigt, daß sie eine schnelle Aufnahme und Verbreitung fanden; sie trafen demnach den Bedarf der Zeit. Indem Heyden seinen Liedern Luthers Melodien zugrunde legte, erweist sich seine Orientierung an ihm und dessen Hochschätzung der Psalmen, die in der inhaltlichen Auswahl für seine Lieddichtung sichtbar wird.

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