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Dichters Liebestod

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Die Nacht war gesunken. Aus blühendem Flieder sah das weiße Standbild gespenstisch ins Dunkel hinein. Eine Bauernmagd mit ihrem Burschen stand davor. Sie war plump und roch nach Dünger, aber sie wäre sicher als Kallipygos gegrüßt worden, wenn die Bewohner des Dorfes griechisch gesprochen hätten. Fehlte ihnen aber auch das Wort, so ermangelten sie doch nicht des Sinnes für den Begriff, und die Magd war um ihrer bedeutenden Eigenschaften willen allgemein anerkannt und hochgeschätzt. Ihr schielender Liebster hatte alle Augenblicke um sie eine Rauferei oder Stecherei.

Sie stieß ihn mit dem Ellbogen an.

»Du!«

»Was?«

»Ferch'st di gar net?«

»Z'weg'n was sollt' i mi fercht'n?!«

»Jessas! Heunt is do grad a Jahr –«

»Daß i den kalt g'macht hab'! Dös stimmt!«

Herausfordernd sahen die Schielaugen zu dem weißen Steingesicht hinauf.

»Glück hast g'habt, daß nia nix 'rauskumma is!«

Er nickte.

»Hast's denn wenigstens beicht't und abbüaßt?!«

»Na.«

»Jessas, die Sünd'!«

»Ka' Sünd'! Mei' Recht war's! Mei' guat's Recht . . . Was braucht der Stadtfrack dir nachz'steig'n und di' z'busseln?! No zwanz'ge mach' i kalt, wenn's sein muaß, wia i den kalt g'macht hab'!«

Die Magd zitterte in Begier und Entsetzen. Sich eng an den Burschen schmiegend, drängte sie ihn nach dem Feldweg, dem Walde zu – – –

. . . Die drei Berichterstatter saßen mit heißen Köpfen an ihren Schreibtischen und schrieben ihre wundervollen Feuilletons, die endlich authentisch erzählten, wie der große Romancier gestorben war.

Die drei Damen saßen in ihren Schlafzimmern, jede auf dem Rand ihres breiten Bettes. Jede war schon sorgfältig für die Nacht frisiert, trug ein gesticktes Nachtkleid und duftete ländlich nach Klee, Lavendel oder Apfelblüte, direkt aus Paris bezogen. Jede las aufmerksam den letzten Liebesbrief, den ihr der Dichter vor mehr als einem Jahr geschrieben. Jede war so berauscht von den Erinnerungen dieses Tages und dem »Verhängnis«-Märchen, das sie sich gedichtet, daß sie nicht mehr genau wußte, ob der berühmte Mann nicht am Ende doch um ihretwillen gestorben war.