Tierisch einfach

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Das Paradies der Liebe

Denken Sie an eine Sache, wofür Sie dankbar sind. Und nun denken Sie an den einen Menschen, den Sie mehr als jeden anderen Menschen auf der Welt lieben. Jetzt denken Sie an das eine Tier, das Sie mehr als alle anderen Tiere in Ihrem Leben lieben. Und nun denken Sie an das Tier im Himmel oder auf Erden, das Sie mehr als jedes andere geliebte Tier geliebt haben. Sie werden es immer lieben. Das kann Ihnen keiner jemals mehr nehmen.

Wenn Sie nun jedem Tier, dem Sie begegnen, ebenso viel Liebe schicken können, werden Sie lernen, seine Gedanken zu sehen und zu hören. Sie werden das Reich betreten, in dem der klebrige Elefantenrüssel ein so religiöses Erlebnis ist, das etwas in Ihnen bersten lässt. Die Liebe ist so gewaltig, dass Sie die Welt mit den äußeren Ablenkungen ausschalten und in jener heiligen Stille surfen können, in der es nichts als Ehrfurcht, Anmut und Dankbarkeit gibt. Einen heiligen Augenblick lang staunen Sie, dass wir auf einem Planeten mit solcher Schönheit leben können.

Dann passiert es. Sie hören ihre Gedanken. Moses ermahnte uns, keine Götzenbilder anzubeten. Doch unsere moderne Gesellschaft ist dermaßen auf »Form« fixiert, so objektorientiert, dass wir die kostbaren Wesen vernachlässigen, die Wesen, die schnurren und trompeten und Ihnen das Gesicht abschlecken. Lassen Sie uns wieder auf das konzentrieren, was wichtig ist, dann wird der Zauber uns in seine zeitlosen Arme nehmen.

Bitte verstehen Sie mich nicht falsch. Ich mag meinen Sportflitzer, meine Miniröcke, Go-go-Stiefel und meine Sammlung unechter Pelze. Ich lege beim Friseur einen Haufen Geld für meine blonden Strähnchen hin, und ich scheue keine Kosten, wenn es um meine hochhackigen Salsa-Sandaletten mit den vielen Glitzersteinchen geht. Ich bin eine echte Tussi und besitze vermutlich die größte Sammlung an rosa Lippenstiften auf dieser Erde. Aber in der Sekunde, in der ich ein Tier sehe, bin ich so hypnotisiert, dass ich die Welt um mich vergesse – fast zerbricht mir das Herz, wenn ich in seinen Augen versinke.

Die Welt reagiert auf Ihre Gedanken. Wenn Sie Ihre Gedanken auf den Elefanten konzentrieren, »werden« Sie der Elefant. Nur indem Sie sich in den Elefanten hineinversetzen, können Sie seine Gedanken und Emotionen hören und die Gefühle in seinem Körper spüren.

Hier sind ein paar wundervolle Worte meines Lehrers Lehrer, des legendären Dr. Raymond Charles Barker, der meinen Pfarrer Dr. Tom Johnson ausgebildet hat. In The Power of Decision sagt uns der König der Könige: »Die modernen Denker wollen uns davon überzeugen, dass Gott sich in den Ruhestand begeben hat. Das ist ein Ding der Unmöglichkeit. Das Unendliche muss ein unendlicher Prozess sein.«

Wenn Sie die feuchtwarme Rüsselspitze des Elefanten berühren und sich dem geheimnisvollen Geist dieses Tieres ausliefern, verlassen Sie die äußere Ordnung und begeben sich in die innere Ordnung, wo Sie und das Tier eins sind. Das ist das Paradies der Liebe, in dem Himmel und Erde aufeinander treffen und der grenzenlose Prozess voll im Gange ist. Sobald Sie aus Ihrem Verstand heraustreten und Resogenese herstellen, haben Sie geradewegs einen Sprung in die Ewigkeit gemacht. Die Liebe, in der Sie mit Tieren sprechen und sie hören, ist so tief, dass sie Raum und Zeit trotzt.

Im nächsten Kapitel untersuchen wir, wie wir diese Liebe für uns nutzen können, damit Sie den Unterschied zwischen Angst und Intuition kennen lernen und sogar herausfinden, wie Sie die Gedanken Ihrer eigenen Tiere zu Hause lesen können.

3
Die wissende Resogenese


Nur wer das Unsichtbare sieht, kann auch das Unmögliche erreichen.

Dr. Ernest Holmes, Gründer der Science of Mind

Der Unterschied zwischen Angst und Intuition

»Was sind Sie – etwa ein Mormone?«, fragte ich meinen Heilpraktiker, als ich ihm zum ersten Mal begegnete und ein Foto sah, auf dem er mit seinen fünf Söhnen abgebildet war.

»Das stimmt sogar!«, antwortete er lächelnd. »Die meisten Leute fragen mich, ob ich katholisch sei.«

»Vertragen sich Ihre Kinder eigentlich alle miteinander?«, fragte ich.

»Natürlich nicht!« antwortete er. »Das kann man von ihnen ja auch nicht erwarten!«

Es war das erste Mal, dass ich gehört hatte, wie ein Elternteil diese Tatsache offen zugegeben hatte, und es brachte mich zum Lachen. Seine Antwort ist mir eine große Hilfe in meinen Workshops, in denen immer irgendjemand aufsteht und ruft: »Aber Ihre Katzen vertragen sich doch, oder, Amelia?«

Jetzt kann ich die Wahrheit sagen. »Natürlich nicht!«, antworte ich. »Das kann man von ihnen auch nicht erwarten! Schließlich sind es Katzen!«

Ich hatte wirklich einen Kleinkrieg zu Hause. Meine beiden alten Katzendamen konnten einander nicht ausstehen. Sie wollten nicht einmal im selben Zimmer sein. Ich hatte Florabelle Beasley im Scherz »Königin von Österreich« und Emma Curtis Hopkins »Königin von Frankreich« genannt. Die Mädels waren so verschieden, wie zwei Frauen nur sein können. Hopkins war von Natur aus langhaarig und verwöhnt. Wäre sie ein Mensch, so wäre sie eine Carmen Miranda, aber nur wenn Carmen Miranda eine fette, auffallende und ewig unsichere Französin wäre. Flo war ihr genaues Gegenteil. Flo, ein kurzhaariges Modell ohne Geduld und ohne Sinn für Unsinn, war in Männerkleidung geboren worden. Ihr schicker Frack war gut geschnitten und sauber. Wenn man in ihr winziges schwarzweißes Gesicht blickte, hatte man dasselbe Bild vor Augen, wie wenn man gerade in ein schwarzes Keks mit weißer Füllung gebissen hätte, und ihre Persönlichkeit war genauso unverblümt wie ihre äußere Erscheinung. Wäre sie ein Mensch, so wäre sie eine Bette Davis.

Diejenigen unter Ihnen, die Susan Chernak McElroys Bestseller Tiere als Lehrer und Heiler gelesen haben, mögen sich an ein ganzes Kapitel der berühmt-berüchtigten Flo erinnern. Sie war fünfzehn Jahre lang Susans Begleiterin, bis Susan eine Katzenallergie entwickelte und mir die unsterbliche alte Tunte vererbte. Sobald ich Flo zu Hause untergebracht hatte, fand ich heraus, warum die hinterlistige Susan bereit gewesen war, sich von ihrer großen Tierliebe zu trennen. Das hier war kein süßes Kätzchen. Es war eine zehn Pfund schwere Dose Dynamit.

Flo hasste Hopkins – und das zu Recht. Schließlich hatte keine von beiden eine Annonce aufgegeben, in der sie eine Zimmergenossin suchten. Ich brachte die säuerliche Flo mit nach Hause, um dort mit der strahlendsten und luxuriösesten Katzenschönheit der Welt zusammenzuleben. Carmen Miranda, ihre Eigenarten und ihre La-La-Welt mussten Flo das Gefühl vermitteln, eine verschrumpelte alte Jungfer zu sein. Die alte Tante Flo lebt immer noch bei mir, verursacht Chaos und beherrscht alle, während Hopkins im vergangenen Sommer in meinen Armen starb.

Die kleine Hopkins, Königin von Frankreich, war eine himmlische Vision – eine gerettete Katze, die ihre ersten acht Jahre im Haus von Crack-Dealern gelebt hatte. Sie war das »pièce de résistance« in Gottes Katzenanstreichfabrik: Ihre Farben erweckten den Anschein, als wäre sie mitten in einer Explosion durch einen Eisladen gerannt – Spiralen aus Mokka und Karamell-Tupfer auf einer Kugel Kürbiseis, und als Krönung war sie auf dem Weg zum Ausgang durch eine Pfütze aus Marshmallowcreme gewatet. Als ich sie sah, nahm sie mir buchstäblich den Atem. »Oh mein Gott, die muss ich haben!«, war alles, was ich herausbrachte. Ich verliebte mich unsterblich in sie und schlief jede Nacht mit ihrer Pfote in meiner Hand ein, während ich sanft die weichen weißen Haarbüschel zwischen ihren Zehen streichelte.

Zweieinhalb Jahre später bückte ich mich eines Morgens, um sie aufzuheben, und spürte unter meinen Fingern einen Knoten an ihrem Bauch. Hier war er, der schreckliche Augenblick, auf den ich nicht gewartet hatte. In dem Moment, in dem meine Hand den Tumor berührte, wusste ich, es war Krebs, und dass mein kleines Mädchen sterben würde. Doch ich hatte keine Angst. Wenn Sie aus diesem Buch nur eines lernen, dann lernen Sie das: Intuition bedeutet Wissen, und im Wissen liegt keine Angst. Im Wissen ist Frieden, auch wenn das Wissen die schlimmste Botschaft ist, die Gott Ihnen jemals mitteilen kann. Angst hingegen ist eine fluktuierende Frequenz, eine zitternde Masse des Chaos. Sie spüren, wie Ihr Verstand hin und her springt zwischen dem, was Sie wissen, und dem, was Sie wissen wollen. Doch das ist eine Reaktion auf die Intuition, die Ihre erste und echte Reaktion ist. Ihre wahre Reaktion spüren Sie im Bauch.

In der Sekunde, in der mein Finger den Tumor berührte, spürte ich mich von einer warmen Welle des Friedens überrollt. Die Zeit blieb stehen, und für eine scheinbare Ewigkeit war ich ganz leicht und schaukelte in einem Meer der Stille. Wie nach dem Zünden einer Atombombe verschwand alles um mich herum und wurde weiß.

Als ich »zurückkam«, setzte die Angst ein und ich begann, mit Gott zu verhandeln: »Bitte, Gott, lass es nicht zu … lass das nicht zu …« Dann kam das Verleugnen: »Nein, nein, es ist nicht wahr! Es kann nicht wahr sein! Es ist bloß ein gutartiges Gewächs! Ich überreagiere! Es hat nichts zu bedeuten! Es ist bloß ein Gewebstumor!«

Es war zu spät. Ich wusste es längst. Mein Verstand brachte Gegenargumente hervor, weil mein Herz mir schon die Wahrheit gesagt hatte. Ich glaube, das ist es, was wir tun, und vielleicht ist das die Angst: Die Fluktuation von Energie, wenn Ihr Verstand mit Ihrem Herzen kämpft. Unser Ziel ist es jedoch, auf unseren ersten Impuls hin zu handeln, auf die authentische Information, die wir mit Lichtgeschwindigkeit erhalten. Jede Zelle in meinem Körper wusste, dass ich einen Krebs berührte. Ich hatte zuvor noch nie einen bösartigen Tumor berührt, und dennoch konnte mein Körper ihn schneller und richtiger identifizieren als mein Verstand.

 

Krebs bringt ein ekelhaftes sinkendes Gefühl mit sich. Für mich hat seine Signaturfrequenz das traurige Gefühl des Einsinkens, wie wenn nasser Sand am Strand bei Ebbe unter Ihren Füßen weggetrieben wird. Doch jeder von Ihnen wird eine andere Reaktion auf die Signaturfrequenz von Krebs haben. Mit der Zeit, wenn Sie mit Menschen oder Tieren zu tun haben werden, die Krebs bekommen, werden Sie sich an das Gefühl von Krebs erinnern und an Ihre eigenen einzigartigen körperlichen und psychischen Reaktionen. Sie werden lernen, wie sich die Gegenwart von Krebs anfühlt, und wenn Sie ihm dann wieder begegnen, werden Sie ihn erkennen. Selbst wenn Sie nur das Foto eines Tieres ansehen, werden Sie ihn in den Augen des Tieres »erkennen«.

In dem Augenblick, in dem ich von dem zeitlosen Ort des Wissens zurückkehrte, setzte ich mich mit Hopkins auf dem Schoß hin und brach in Tränen aus. In diesen Momenten – wenn unsere Gefühle uns zerreißen und wir von Angst fast erdrückt werden – scheint unsere Intuition nicht zu funktionieren. Ich ermutige Sie alle, sich mit anderen Tierkommunikatoren zusammenzutun, damit Sie in einer Krise wie dieser den Hörer abnehmen und Ihren Partner um Führung bitten können. Wenn unsere Angst Überhand nimmt, ist es sehr schwer, eine klare Antwort zu erhalten. Ich versuchte es trotzdem; auch während ich schluchzte und bebte, zwang ich buchstäblich meine Clairaudience zu funktionieren.

»Hopkins, ist das Krebs?«, fragte ich.

»Ja, Mami, ich muss bald sterben«, hörte ich in meinem Kopf. Sie hatte nicht die geringste Angst, doch mein Herz lag in tausend Scherben. Ein Jahr lang ertrug sie eine Reihe von Operationen und kämpfte tapfer gegen das, was bei Menschen Brustkrebs ist. In jedem wachen Augenblick schnurrte sie … und liebte mich. Das war alles, was sie kannte.

Meine tolle Tierärztin Dr. Karen Martin schläferte Hopkins in meinen Armen ein, und ich habe noch nie eine so anmutige Reise in den Himmel erlebt. Ich drückte Hopkins an mein Herz und führte sie sicher in die Arme ihrer Engel. Sie schnurrte nicht nur bis zum letzten Atemzug, sondern sie krönte ihr Leben sogar noch mit einer übersinnlichen Überraschung. Karen kam lange nach der letzten Spritze, die sie Hopkins gegeben hatte, in den Raum zurück, und ich sagte: »Ich weiß, dass Katzen eigentlich nicht schnurren können, wenn ihr Herz aufgehört hat zu schlagen … aber ihr Herz ist vor einer Viertelstunde stehen geblieben … und sie schnurrt immer noch!« Warm und behaglich in meinen Armen, schnurrte sie noch fast zwanzig Minuten lang. Ist das so erstaunlich? Selbst ihr letzter Augenblick war ein Wunder. Es gibt einen Spruch, der besagt: »Das Leben wird nicht an den Atemzügen gemessen, die wir nehmen, sondern an den Augenblicken, die uns den Atem rauben.« Wie mir das unerklärliche Schnurren bewiesen hat, hängt die Liebe noch nicht einmal vom Atmen ab.

Wenn Sie unsicher sind, fragen Sie nach!

Obwohl mir in dieser traurigen Situation meine Intuition mitteilte, dass Hopkins sterben würde, kann auch das freudige Gegenteil geschehen. Alle, selbst der Tierarzt, können Ihnen erzählen, dass Ihr Tier sterben wird, und in Ihrem tiefsten Herzen wissen Sie dennoch, dass es nicht stimmt. Im vorletzten Sommer bekam ich wegen der ollen Tante Flo schreckliche Panik. Sie war schon sechzehn Jahre alt, als sie die schlimmste Nierenentzündung bekam, die ich je erlebt hatte. Zwei Nierenspezialisten gaben die gleiche unselige Prognose ab, dass ihre Leber und Nieren versagen würden. Elf Nächte blieb ich wach, weinte hysterisch, steckte ihr Nadeln in den Rücken und führte ihr intravenös Flüssigkeiten zu. Jedes Mal, wenn ich für zwanzig Minuten das Haus verlassen musste, um zum Supermarkt zu gehen, hatte ich Angst, sie bei meiner Rückkehr nicht mehr lebend vorzufinden.

Nun, das Schöne am Schreiben eines zweiten Buchs ist, dass ich Ihnen darin zeigen kann, wie ich mich geändert habe. In meinem letzten Buch habe ich bis zum Umfallen gepredigt, Sie sollen Ihren Tieren einen sicheren und friedlichen Übergang in den Himmel erlauben, wenn sie so weit sind, und nicht, wenn Sie bereit sind, sie loszulassen. Ich habe mich darüber ausgelassen, wie viele Tiere noch Monate oder sogar Jahre nach dem Zeitpunkt, der für ihren Aufstieg in die andere Welt vorgesehen ist, unnötig leiden müssen, nur weil ihre menschlichen Besitzer nicht bereit sind, sie gehen zu lassen. Die Tiere bleiben und leiden für uns. Wie oft geschieht es nach jahrelangem Dahinsiechen eines Tieres, dass ich nur hingehen muss, sein Herrchen oder Frauchen berate, bis er/sie bereit ist, das geliebte Tier gehen zu lassen, und das Tier dann in derselben Nacht friedlich und ohne Hilfe stirbt. Ich habe sie oft ganz allein in das Licht geführt; sie sterben auf der Stelle in meinen Armen, ohne Medikamente und ohne Tierärzte. Ich erfülle nur meine Aufgabe als Pfötchen haltende Priesterin, die bereit ist, sie an die Himmelstore zu führen.

Hätte ich fünf Cent für jedes Mal, an dem ich meine Schüler ermahnt habe, nicht gegen den Tod ihres Tieres anzukämpfen, beiseite gelegt, hätte ich einen Stapel an Münzen, der von hier bis zum Mond reichen würde. (Also gut, vielleicht nicht bis zum Mond, aber bestimmt um den ganzen Häuserblock herum.) Als Flo nun erkrankte, befolgte ich tapfer meinen eigenen Rat und sagte zu ihr: »Wenn du gehen musst, verstehe ich es voll und ganz. Du hast meinen Segen. Ich werde dir so gut dabei helfen, wie ich nur kann.«

Wenn Katzen im Sterben liegen, nehmen sie Angst erregende Stellungen ein. Ich hatte sie früher bei meinem Kater Rodney in seinen letzten achtundvierzig Stunden gesehen. Die schöne Flora begann nun also, sich in diese fürchterlichen Posen zu verrenken. Die schlimmste davon – so komisch-tragisch es auch klingen mag – war eine Stellung, in der sie sich zusammenkauerte und ihr Kopf so weit nach vorne fiel, dass ihre hübsche kleine Stirn den Boden berührte. Sie konnte ihr Köpfchen nicht länger hochhalten. Ich hatte gesehen, wie Rodney an seinem letzten Tag dasselbe getan hatte, und als ich diese Körperstellung wieder erkannte, wusste ich, es war vorbei.

Doch sie harrte aus. Elf Tage lang war sie elender als jede Katze, die ich je in meinem Leben gesehen habe, und jeden Tag versicherte ich ihr, dass sie mit meinem Segen sterben dürfe, wann immer sie es wolle. Ich würde sie nicht von der Reise abhalten, nachdem ich ein Jahrzehnt damit verbracht hatte, meine Schüler zu ermahnen, ihre Tiere beim Sterben zu unterstützen. Doch in der Nacht des elften Tages änderte sich alles.

Ich lag im Bett, hielt sie an meine Brust gedrückt, weinte leise und lauschte auf ihren keuchenden Atem. Sie war dabei zu gehen. Direkt über meinem Kopf öffnete sich ein »Türrahmen« im Universum und das glitzernde Licht des Himmels strömte hindurch. Meine Großmutter Rheau-Nell erschien mir und streckte drängend die Hände nach Flora aus, wie sie es schon einmal mit Rodney gemacht hatte. Um sie herum standen andere Engel, und meine Hunde Gus und Gretel aus der Kindheit kamen aus einem der Lichttunnel angerannt. Doch diesmal kooperierte ich nicht so, wie ich es Jahre zuvor bei Rodney getan hatte. Stattdessen fing ich an zu schreien: »Nein! Nein! Ihr kriegt sie nicht! Nein! Geht weg! Noch nicht! Ihr dürft sie mir noch nicht wegnehmen! Neeeeiiiin!!!«

Nicht nur rüttelte ich vermutlich die halbe Nachbarschaft in meinem Haus aus dem Tiefschlaf und erschreckte ein paar der Obdachlosen in der Hintergasse zu Tode, sondern ich jaulte auch laut genug, um meine eigenen Engel zu verscheuchen. Rheau-Nell drehte sich auf den Fersen um und ging zurück in das Licht. Die beiden Hunde folgten ihr, und die Tür schloss sich wieder. Unten in der Dunkelheit schliefen Flo und ich endlich ein.

Nun hatte meine Katze sich dreizehn Tage lang nicht mehr bewegt. Da sie nicht mehr laufen konnte, hatte ich sie auf ihr Katzenklo getragen. Gegen Ende unserer letzten Höllenwoche hatte sie nicht einmal mehr stehen können. Fressen oder trinken war völlig ausgeschlossen. Sie hatte seit über zwei Wochen ihren Futternapf nicht mehr angerührt. Ich hatte ihr gegen ihren Willen flüssige Vitamine eingeflößt, während meine Tränen auf ihr Gesicht getropft waren.

Am nächsten Morgen stand ich auf und war völlig überrascht, als Flo durch das Wohnzimmer in die Küche flitzte. Sie wirkte vollkommen gesund und normal, als sei nichts geschehen. Tatsächlich sah sie sogar fünf Jahre jünger aus! Sie lief entschlossen an ihren leeren Futternapf, beschnüffelte ihn und warf mir dann einen empörten Blick über die Schulter zu.

»Flo!«, schrie ich. »Du lebst ja!«

»Was glotzt du so blöd?«, fragte sie schnippisch. »Und wo ist mein Essen?«

Wie ein Racheengel war sie zurückgekehrt. Die mürrische, streitsüchtige olle Flo hatte dem Mann mit der Todessichel wieder mal ein Schnippchen geschlagen und ihm eins auf die Nase gegeben. Vielleicht hatte sie auch einfach nur erfahren müssen, dass ich sie genug liebe, um um ihr Leben zu kämpfen.

Die Moral dieser Geschichte ergibt sich aus der Tatsache, dass ich mir nicht die Mühe machte, Flo zu fragen, ob sie sterben würde. Ich hatte Hopkins gefragt, und sie hatte mir sofort geantwortet, doch bei Flo war ich automatisch davon ausgegangen, dass sie diese Welt verlassen würde, da sie schon sechzehn war und alle Tierärzte mir versichert hatten, sie würde die Krankheit nicht überleben. Hätte ich sie stattdessen einfach gefragt, wären mir die beiden Wochen der emotionalen Hölle glatt erspart geblieben. Ich hätte sie nur fragen müssen: »Flo, wirst du sterben?« Und sie hätte mich angefaucht: »Nein! Wieso – du vielleicht?!«

Wie ich mittlerweile weiß, war wegen mir eine Entscheidung gefällt worden. Zwei Jahre später – ich stehe immer noch in Verbindung mit Hopkins, und Florabelle regiert allein mein Herz und Heim – wurde mir klar, dass die beiden Damen ein stillschweigendes Abkommen getroffen hatten. Hopkins, die kleine Venus, wurde der Luxus vergönnt, »über den Regenbogen« zu gehen und sich meinem geliebten verstorbenen Maine-Kater Mr. Jones anzuschließen, um die wahre Liebe zu erleben und etwas Erholung zu bekommen. Die olle Tante Flo hingegen beschloss, hier auf der Erde bei mir zu bleiben, weil sie die stärkere der beiden Katzen ist. Ihre Aufgabe ist es, mich zu beschützen, mir beizubringen, wie man Grenzen setzt, meinen Ärger zu zeigen (oft und laut »Nein!« zu sagen), und ausgedehnte Nickerchen zu halten. Und sie macht ihren Job wirklich gut.