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Corona Magazine #353: April 2020

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From the series: Corona Magazine #353
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Das heimliche Treiben der Magier: Obscurio

von Kai Melhorn

In den letzten Jahren und spätestens seit Codenames haben leicht zugängliche Spiele für mittelgroße Gruppen Konjunktur. Fernab vom Partycharakter eines Tabu haben diese Spiele aber eines damit gemeinsam, denn es geht oftmals um das Geben von Hinweisen und das Erraten einer Lösung.

Obscurio ist eines dieser Spiele. Eine Gruppe von 1 bis 7 Magiern ist in einer magischen Bibliothek gefangen und versucht daraus zu entkommen. Egal durch welche Tür die Magier gehen, sie landen immer wieder im selben Raum, und nur, wenn sie es schaffen, mehrfach die richtige Tür zu erraten, wird die Bibliothek sie irgendwann in die Freiheit entlassen. Der Hexenmeister und Besitzer der Bibliothek leitet die Magier mit Hilfe von Illusionen in die Irre, und die einzige Chance, die die Magier haben, ist das alte Grimoire (eine Spielerrolle), das ihnen wortlos Hinweise auf die richtige Tür gibt. Doch leider sind nicht alle ganz ehrlich, denn es gibt einen Verräter in den Reihen der Magiebegabten, und natürlich will dieser die Gruppe durch die falschen Türen locken. Zudem hat der Hexenmeister die Bibliothek mit einer Menge Fallen versehen, die das Leben der Magier noch schwerer machen.

Die Zeit spielt gegen die Gruppe; daher wird die Dauer einer Flucht mit ca. 40 Minuten angegeben, und die Magier sollten zumindest 10 Jahre alt sein. Die veranschlagte Spielzeit würde ich eher auf eine Stunde anheben, was auch an der Routine des Grimoires liegt, welches im Großen und Ganzen durch die Runde leitet. Das Mindestalter kommt hin, wobei in einer Gruppe mit Erwachsenen auch jüngere Kinder zum Zug kommen und ihren Spaß haben. Bei uns hat es gut funktioniert, wenn sie keine der beiden Sonderrollen bekommen, wobei das natürlich auch vom Kind abhängt.


Das Spiel

Bevor ich nun wie sonst auf das Material eingehe, soll diesmal zunächst der Spielverlauf erklärt werden, damit die Anmerkungen zum Material auch verstanden werden können. Das Grimoire hat die Aufgabe, die Magier aus der Bibliothek zu führen. Von einem großen Stapel runder Karten zieht der entsprechende Spieler verdeckt eine davon und sieht sie an. Jede dieser Karten zeigt ein anderes Bild, und dieses muss nun von den Spielern der Magier als die Lösung dieser Runde erkannt werden. Anschließend zieht der Grimoire-Spieler zwei weitere Karten und legt sie in die Vertiefungen eines aufgeschlagenen Buches. Nun nimmt er zwei Hinweismarker und markiert Stellen auf den beiden Bildern, die auf das Lösungsbild hindeuten.

Anschließend müssen alle Magier die Augen schließen, und das Grimoire bittet den Verräter, die Augen wieder zu öffnen. Nun zeigt das Grimoire ihm acht weitere Bilder, aus denen er zwei auswählen kann, um die anderen in die Irre zu führen. Nun darf der Verräter wieder die Augen schließen, bevor dann alle gemeinsam sie wieder öffnen. Jetzt werden noch weitere Karten vom verdeckten Stapel gezogen, bis das Grimoire sechs Bilder beisammen hat. Diese werden an die Ausgänge der Bibliothek (an das Spielbrett) angelegt, und die Zeit beginnt zu laufen. Sie müssen nun beraten, welches Bild die richtige Lösung sein könnte, und schließlich darf sich jeder für eine Lösung entscheiden.


Findet wenigstens ein Magier die richtige Lösung, darf die Gruppe dem Ausgang etwas näher rücken. Auf der anderen Seite verliert die Gruppe aber auch für jeden falschen Tipp an Zusammenhalt, der durch Marker symbolisiert wird. Geht der letzte Zusammenhalt der Gruppe verloren, ist es unmöglich, noch aus der Bibliothek zu entkommen, und der Verräter (und mit ihm der Hexenmeister) hat das Spiel gewonnen. Erreichen die Magier den Ausgang, solange noch mindestens etwas Zusammenhalt da ist, haben sie gemeinsam mit dem Grimoire gewonnen.

Um es nicht zu einfach zu machen, werden während des Spiels noch Fallen ausgelegt, die einen zufälligen Nachteil für die Magier mit sich bringen. Zudem dürfen die Magier nicht zu lange beraten, weil in der nächsten Runde sonst noch mehr Fallen auf sie lauern.

Das Spiel ist flüssig und kurzweilig. Es gibt immer etwas zu tun, es gibt immer etwas zu diskutieren. Auch als Grimoire fiebert man mit, ohne wirklich etwas beitragen zu können, und nicht zuletzt lernt man auch, wie eine Gruppe die eigenen Hinweise interpretiert. Durch den Verräter in den eigenen Reihen bleibt die Gruppe ohnehin immer dabei, zu rätseln, zu interpretieren und zu kalkulieren.


Ist man als Verräter zu schnell erkannt, wird es für diesen Spieler natürlich etwas langweilig. Zwar kann man fast bis zum Schluss weiterspielen, aber das eigene Wort hat kaum noch Gewicht, und man kann nur noch durch die Auswahl der irreführenden Bilder Einfluss nehmen. Daher sind zwei Dinge dringend anzuraten. Zum einen macht es Sinn, eine stimmungsvolle Musik im Hintergrund laufen zu lassen. Nichts ist ärgerlicher, als wenn der Verräter durch ein winziges Geräusch enttarnt wird. Zum anderen sind die Magier unbedingt darauf hinzuweisen, dass auch jegliche Bewegung, jeder Laut oder ein unachtsam gesprochenes Wort eine Auskunft über sie selbst geben kann.

Manche Partien enden sehr knapp und sind spannend bis zum letzten Rätsel. In diesen Momenten sind alle Spieler voll dabei, und es wird leidenschaftlich diskutiert. Manche Runden entwickeln schnell eine Tendenz, die oft bis zum Schluss nicht mehr umgekehrt werden kann. Aber auch diese Partien machen Spaß, und durch eine einfache Anpassung des Schwierigkeitsgrads kann man die nächste Partie entsprechend der Leistung der Gruppe justieren.


Das Material

Um das Fazit vorwegzunehmen: Wunderbare Stimmung bei leicht unpraktischer Handhabung. Eine Aufzählung der tollen Materialien wird dem Ganzen kaum gerecht. Alles fühlt sich toll an und ist fantastisch illustriert. Einzig bei der Handhabung sind zwei wichtige Details etwas schwierig geraten. Um dem Verräter die Auswahl der Irrbilder möglichst einfach zu machen, werden insgesamt acht Bilder in ein Album geschoben. Haben alle anderen die Augen geschlossen, kann der Verräter seine Auswahl durch Fingerzeig erledigen. Das Schwierige daran ist nun, dass die Karten dabei teilweise hinter transparente Folien geschoben werden, und das gelingt manchmal erst nach einigen Versuchen oder wenn man die Folie mit dem Fingernagel etwas anhebt. In der Spielsituation ist das einfach nicht besonders günstig, da alle Spieler in der Zeit die Augen geschlossen haben müssen. Allerdings wird das mit jeder Partie etwas besser und dürfte kein dauerhaftes Problem darstellen.

Etwas ärgerlicher ist, dass die Hinweise des Grimoire durch Magnetismus am Platz gehalten werden, damit sie gut herumgezeigt werden können (insbesondere bei größeren Spielergruppen). Leider habe ich ein Exemplar erlebt, bei dem die Hinweismarker nicht richtig hielten. Das macht die Handhabung dann unpraktisch und unschön. Das ändert in Summe aber nichts daran, wie schön dieses Spiel ist.


Fazit: Das Spiel macht wenig neu, aber dabei so viel richtig. Die Kombination aus stimmungsvollem Setting, tollen Bildkarten, dem Hinweissystem des Grimoire, dem Verräter, der Sanduhr, den Fallen, der Spiellänge, der Zugänglichkeit und der Skalierungsmöglichkeiten im Schwierigkeitsgrad und Spielerzahl macht Obscurio schlicht und einfach zu einem sehr guten Spiel.

Obscurio

Brettspiel für 2 bis 8 Spieler ab 10 Jahren

L'Atelier

Asmodee / Libellud

EAN: 3558380065791

Sprache: Deutsch

Preis: EUR 39,99

The Show Must Go On: Carnival of Monsters

von Kai Melhorn

Richard Garfield ist wohl einer der bekanntesten Spieleautoren der heutigen Zeit. Mit Magic: The Gathering und Robo Rally ist ihm wohl etwas gelungen, wovon jeder Autor von analogen Spielen träumt. Diese Spiele waren zur ihrer Zeit dermaßen innovativ, dass sie die Herzen unzähliger Brett- und Kartenspieler erobert haben. Selbst nach 20 Jahren werden diese Spiele immer noch gespielt und haben einen über die Maßen großen Bekanntheitsgrad.

Seitdem gibt es immer wieder Spiele von ihm, die wieder und wieder einen durchaus bemerkenswerten Innovationsgrad haben. Natürlich kann nicht jede Innovation so einen Erfolg verbuchen wie die beiden zuvor Genannten. Aber man kann sagen, dass immer wieder interessante Spiele dabei herauskommen. Dieses Jahr gibt es ein Familienspiel über Monster, fahrende Schausteller und einen König, der für die Unterhaltung seines Volkes sogar riskiert, dass einige Bürger gefressen werden.

Das Material

Hauptsächlich wird dieses Spiel durch Karten gesteuert. Sage und schreibe 240 Stück sind im Spiel enthalten, und sie sind allesamt von beeindruckender Qualität. Auch nach einigen Runden zeigen die Karten keine wesentlichen Abnutzungserscheinungen, wie ich sie insbesondere bei Kickstartern in letzter Zeit leider immer wieder zu Gesicht bekommen habe, die ja bedauernswerterweise dazu neigen, ansonsten eher überproduziert zu werden. Leider scheint das Augenmerk der Macher an diesen Stellen mehr auf den Miniaturen zu liegen als auf der Qualität des Materials, welches die größte Belastung aushalten muss. Nun soll dieser Text nicht dazu dienen, das Für und Wider von Kickstartern zu diskutieren, aber ich persönlich finde es beruhigend, zu erleben, dass die herkömmlichen Spieleverlage weiterhin Spiele von guter Qualität auf den Markt bringen, die das kleine Einmaleins für Produktion und Redaktion noch nicht zu Gunsten von (unangemalt eigentlich unattraktivem) Plastik vernachlässigen.

 


Die Gestaltung der Karten lässt ebenfalls keine Wünsche offen, denn neben den wesentlichen Spielelementen sind natürlich die Darstellungen der Kreaturen ein extrem wichtiger Teil des Spielgefühls. Das muss auch Amigo klar gewesen sein, denn vor der Realisierung des Projektes wurde gar eine Kickstarterkampagne gestartet, um die großen Namen der Illustratoren von Magic: The Gathering zu verpflichten. Die Kampagne wurde zwar eingestellt, aber das tut der Qualität des finalen Produkts meiner Meinung nach keinen Abbruch. Nicht zuletzt, weil mit Illustratoren wie Michael Menzel wirklich gute und renommierte Partner gefunden werden konnten. Je einer Gattung von Kreaturen wurde hierbei von einem individuellen Künstler stimmungsvoll Leben eingehaucht, wodurch sich jeweils ein eigener Stil etabliert. Eine gute Entscheidung, wie ich finde, denn so wird der Eindruck erweckt, die Kreaturen würden jeweils wirklich einer eigenen Linie entspringen.

Die einzige kritische Frage, die ich den Designern stellen würde, ist die nach der überwältigenden Menge an Pappmünzen, die dem Spiel beiliegen. Ich habe bisher kein Spiel erlebt, wo auch nur ein Bruchteil davon an die Spieler ausgegeben wurde.

Das Spiel


Der Spielablauf erinnert sofort an 7 Wonders oder Sushi Go! Jeder Spieler bekommt sieben Karten. Die Karten zeigen Ländereien, fiese Kreaturen, potenzielle Angestellte, Neuigkeiten aus der Presse oder Verträge, die bei Erfüllung Siegpunkte versprechen. Von diesen Karten sucht man sich eine aus. Die restlichen Karten gibt man an den benachbarten Spieler weiter und erhält sodann einen neuen Stapel vom anderen Nachbarn. Die Karten gehen so lange im Kreis, bis alle verteilt sind. Bei jeder einzelnen kann man sich dafür entscheiden, sie sofort auszuspielen oder verdeckt aufzubewahren, bis der richtige Zeitpunkt gekommen ist. Dieses Zwischenspeichern kostet Geld, was normalerweise nie in besonders großen Mengen vorhanden ist. Nach vier Runden, also insgesamt 28 gesammelten Karten, ist das Spiel vorbei, es werden Siegpunkte gezählt, und natürlich gewinnt derjenige, der die meisten davon zusammenbringen konnte.

Inhaltlich klingt das dann so: Als Betreiber eines Wanderzirkus ziehen die Spieler los, um besonders gefährliche Monster einzufangen, damit sie dem begeisterten Publikum gezeigt werden können. Dafür sammelt man Wissen über die fernen Länder, in denen die Monster zu finden sind, und natürlich fängt man sie dort auch ein. Außerdem kann man sich Helfer holen, die auf vielfältige Art und Weise ihre Unterstützung anbieten, dafür aber auch entlohnt werden wollen. Gute Nachrichten aus der Presse geben Sofortboni, die nie besonders stark sind, im richtigen Moment aber genau das passende Mittel sein können, um dem Spieler aus der Patsche zu helfen.


Am Ende der Saison kommt es dann zu der großen Show. Je größer und gefährlicher die Monster sind, desto mehr Begeisterung lösen sie aus, insbesondere, wenn die Wünsche des Publikums erfüllt werden, die von Saison zu Saison wechseln. Das birgt natürlich auch Gefahren, denn so manches Monster hat sich in der Vergangenheit an den Zuschauern gelabt. Um übermäßigen Verlusten bei den Fans vorzubeugen, sendet der König immer wieder seine Wachen, die die Situation unter Kontrolle halten. Auf diese Hilfe kann man sich aber nicht wirklich verlassen, und somit bleibt es bei einem persönlichen Risiko, wenn man zu viele Menschenfresser in der Ausstellung zeigt. Denn sollte es zu Verlusten kommen, muss man eine saftige Strafe zahlen.

Der Spielablauf geht schnell von der Hand, denn allzu lange braucht man normalerweise nicht, um zu überlegen. Auch wenn es nichts bringt, in Grübeleien zu verfallen, so sind die Entscheidungen dennoch von Bedeutung. Der eigene Vorteil ist manchmal geringer als Schaden, dem man einem Konkurrenten zufügen könnte. Außerdem stellt sich immer wieder die Frage, welche Prioritäten man setzt, und oft will man eigentlich gar keine Karte aus der Hand geben. Aber man muss sich entscheiden, und viele der begehrten Objekte wird man gar nicht erst wieder in die Hand bekommen, geschweige denn eine Gelegenheit erhalten, sie auszuspielen. Die Möglichkeit, eine Karte zu speichern, ist der besondere Teil des Spiels. Man kann Taktiken verbergen, Monster vorhalten und Karten zurückhalten, die dem Gegner allzuviel helfen würden. Die Waage wird dabei durch den nicht unerheblichen Preis gehalten, den man zahlen muss, und jede Wahl für die eine oder andere Variante ist spannend und interessant.


Natürlich ist eine Menge Glück im Spiel. Die gewählte Taktik kann sich als Sackgasse herausstellen, oder der Gegner bekommt immer genau die Karten zur Auswahl, die man selbst so dringend benötigen würde. Am Schluss gibt es auch noch Würfel, die zwar für alle gleichermaßen gelten, aber dennoch einen Einfluss auf den Ausgang der Partie haben können. Ein weiterer Minuspunkt gilt für das Spiel mit fünf Spielern, denn man bekommt kaum Karten wieder auf die Hand, womit ein taktischer Aspekt leider an Bedeutung verliert. Aber diese kleinen Schwächen kann man gut verkraften.

Fazit: Carnival of Monsters ist ein stimmungsvolles Spiel mit gutem Material und insbesondere tollen Grafiken. Der Spielablauf ist flüssig und schnell, da man immer etwas zu tun hat und es kaum Wartezeiten gibt. Das leicht gehobene Familienspiel bietet ein paar schöne Kniffe und einige taktische Möglichkeiten, funktioniert mit jeder Spielerzahl und durch eine kleine Zusatzregel auch mit zwei Spielern ausgesprochen gut. All das ergibt ein gutes Spiel, das man immer mal wieder auspacken möchte, um eine kleine Runde zu machen. Die kleineren Schwächen kann man gut verzeihen. Auf der anderen Seite könnte eine Erweiterung dem Ganzen sicher nicht schaden, um die Motivation aufrechtzuerhalten.

Carnival of Monsters

Brettspiel für 2 bis 5 Spieler ab 12 Jahren

Richard Garfield

Amigo Spiel + Freizeit 2019

EAN: 4007396019575

Sprache: Deutsch

Preis: EUR 34,99

Phantastisches Lesen

Unterwegs im Dyoversum

von Alexandra Trinley


Die Kosmologie des Perryversums hat sich erweitert um einen Zwilling, das Dyoversum. Der Viererband zur Zyklusmitte ließ unsere Helden ein einzigartiges paralleles Universum erreichen, in dem die originale Erde mit dem echten Mond ihren Platz fand. Ganz vieles ist »unserem« RHODAN-Universum ähnlich, es gibt die gleichen Völker, die gleichen Planeten, aber alles hat sich anders entwickelt, zum Beispiel haben die echsenartigen Topsider, die traditionell durch ihre Aggressivität und ihre Verachtung des Weiblichen auffallen, ein Matriarchat – was sie allerdings nicht umgänglicher macht.

Rhodan trifft im Dyoversum alte Bekannte wieder, die auf Terra und Luna waren, als sie versetzt wurden, wie das unsterbliche Finanzgenie Homer G. Adams, dem notorisch unauffälligen Strippenzieher im Hintergrund. Adams bekam in Christian Montillons Vierteiler einen Logenplatz, weil die Vorgänge seit der Versetzung nach der ominösen Quadratur der Tage anhand seiner Lebensabschnittsgeschichte erzählt werden. Der Buckelige ohne Privatleben bekam eine tiefe Beziehung, ein großes Wirkungsfeld und eine Gefahr für sein Leben: im Dyoversum gehen Zellaktivatoren nach einiger Zeit kaputt.

Damit sind die Weichen gestellt, immer wieder einige der allzu dominanten Zellaktivatorträger in der Suspension zu parken. Und auch wenn Atlan im Arkonsystem, Bully auf Ephelegon und Perry im Dyoversum die Vorgänge vorantreiben: Es entsteht Raum für Geschichten mit vielen Beteiligten an Orten, die erwandert und erforscht werden müssen.

Noch immer steht Zemina Paaths Suche nach ihrem Gedächtnis im Mittelpunkt, denn wenn die Thesan es fände, dann könnte sie den Galaktikern sagen, was passiert ist. Die geheimnisvolle Frau, die trotz humanoider Form so dezidiert nichtmenschlich aussieht, hat sich bereits bei ihrem Auftauchen an Bord der RAS TSCHUBAI nach dem Zeitsprung von 500 Jahren als »porös« bezeichnet. Die Kolumnistin möchte anmerken, dass trotz des bunten Bilderbogens, der sich auf allen Handlungsebenen entfaltet, der Begriff recht gut auf den Status des Zykluszusammenhangs passt: da sind unheimlich viele Splitter, und den Zusammenhang wird man hoffentlich sehen, wenn sich am Schluss alles zusammensetzt. Es gibt auch immer wieder Romane, die sich den Zusammenhängen widmen, so wie aktuell »Der transuniverselle Keil« (PR3061) von Leo Lukas, in dem es um den Posizid geht, jenes Auslöschen positronischer Gedächtnisinhalte, das der Milchstraße die verlässlichen Daten nahm, den Zusammenhang zwischen dem Atopischen Konduktor aus dem vorherigen Zyklus, der Bleisphäre, die Arkon umhüllt, und den Zugang zum Dyoversum.

So etwas wird immer wieder aus leicht versetztem Winkel neu erzählt, so dass man auch als nicht ständig konzentrierter Leser aller Romane über das Wiederaufgreifen mitbekommt, was vor sich geht. Trotzdem ist es viel Stoff, und es ist eine echte Herausforderung, den roten Faden zu sehen. Nach einer Phase mit gutem Tempo trat nach der Zyklusmitte auch wieder Windstille ein im Handlungsfortschritt. Aber der Zyklus ist noch lang. Wir werden sehen, wie es weitergeht.

Ein Kaleidoskop von Handlungsorten

Am 28. Februar 2020 erschien »Die letzte Welt der Vecuia. Sie suchen das Verlies einer Superintelligenz – auf dem Planeten der Dovoin« (PR 3054). Es handelt sich um Dennis Mathiaks Debüt in der Erstauflage. Haupthandlungsträger ist der Haluter Icho Tolot, im Setting steht die gefährliche Vektormaterie im Vordergrund, die als »Graue Materie« eingeführt wurde. Sie ernährt die Kandidatin Phaatom, eine angehende Chaotarchin. Der Cairaner Bru Shaupaard mischt mit, der einen Sextadim-Span der Superintelligenz VECU trägt. Und es geht um einen abgestürzten Ladhonen-Raumer. Dieses dreiarmige Piratenvolk hat sich in der Milchstraße mit den Naatschen Freischaren und den konservativen arkonidischen Kristallgetreuen verbündet. In der Heimatgalaxie der Cairaner laufen die Allianzen ja zum Teil ganz anders.

Die planetare Handlungsebene spielt in der frühindustriellen Gesellschaft der Dovoin, deren Personal ein Gegengewicht zum Advokaten und ähnlich abstrakten Gesellen bietet.

Weiter geht es in »Die VECU. Auf der letzten Welt der Superintelligenz – die RAS TSCHUBAI in Geiselhaft« (PR 3055) von Michael Marcus Thurner. Die Superintelligenz VECU bemüht sich um eine Übernahme der RAS TSCHUBAI, mit der die Besatzungsmitglieder naturgemäß nicht einverstanden sind.


© Pabel-Moewig

 

Schauplatzwechsel zum Chrag-Odisz-System in der Milchstraße. Uwe Anton schrieb »Transmitter-Hasardeure. Angriff auf einen Etappenhof – das neue Transportsystem ist in Gefahr« (PR 3056). Es geht um vermutete oder echte Geheimdienstaktivitäten im Transportnetz der Akonen, das dieses zurückgezogen lebende und für seine Arroganz verrufene Volk seit Jahrzehntausenden weiterentwickelt hat.

Eine angreifende Fraktion sind die Tomopaten, und es handelt sich um ausgesprochen unangenehme Neuankömmlinge. Cheborparner, wie auf dem Titelbild von Band 3056 abgebildet, mischen natürlich auch mit.

Bemerkenswert ist die Antwort von Datenverwalterin Verena Themsen auf die Frage nach den Funktionsproblemen des neuen Transmittertransportsystems: »Weil jeder Transport eine sich potentiell zu disruptiven Vibrationen kumulativ aufschwingende molekulare Mikroverschiebungskomponente hinterlässt, die man gelegentlich abklingen lassen muss, um die Bildung von Mikrofissuren durch spontane Entbindung zu verhindern.« (Link zur Interview-Reihe im Anschluss, Anm. d. Red.).

Schauplatzwechsel, Arkon-System. »Thantur-Lok brennt. Unterwegs in M 13 – Atlan ist auf verzweifelter Mission« (PR 3057) wechselt zu den Arkoniden, die bekanntlich das Lieblingsvolk von Autorin Verena Themsen darstellen. Atlan ist in die Welt von Intrigen und feudaler Dekadenz zurückgekehrt und muss im Psychoduell gegen seinen Widersacher Jarak da Nardonn bestehen.

»Für Galaktiker verboten! Die Abkehr von der Milchstraße ‒ die Tefroder stellen eine Sterneninsel unter Quarantäne« (PR 3058) stammt von Wim Vandemaan. Der Expokrat zaubert eine Geschichte aus farbenprächtigen Bildern. Wie bereits angemerkt: In der Abfolge der Romane könnte man gelegentlich den Eindruck gewinnen, die Erzählerfigur für den Zyklus sei Zemina Paath mit ihrem porösen Gedächtnis, da doch immer wieder assoziativ gereiht wird, statt beim Handlungszusammenhang zu bleiben. Doch wenn Vandemaan selbst schreibt, treten die Bilder von selbst in den Vordergrund. Dann verliert sich die Frage nach dem Zusammenhang ganz von selbst.

Das Andromeda-Desaster, in dessen Folge sich die Handlungsebene der Tefroder entfaltet, war allerdings schon länger im Gespräch. Wobei der Expokrat persönlich jederzeit über lang ausgesponnene Zusammenhänge reden kann, und die Lösungen für aufgeworfene Rätsel kommen unweigerlich, wenn man lange genug weiterliest. Der Figur des Eistänzers wirft neue Rätsel auf, während die Milchstraßen-Skepsis der Tefroder niemanden überrascht.


© Pabel-Moewig

Bereits besprochen wurde »Der transuniversale Keil. Begegnung am Rand der Bleisphäre – sie erhalten eine Botschaft aus der Parallelwelt« (PR 3059) von Leo Lukas. Er ist der mittlere von drei Bänden, die aus der Ich-Perspektive verschiedener Protagonisten erzählt werden.

Michelle Stern schrieb »Die Thesan und der Lordadmiral. Handelskarawane nach M 15 – eine unglaubliche Allianz entwickelt sich«. Von den genannten drei Romanen ist es sicherlich der charmanteste. Er bereitet eine persönliche Sichtweise auf das Problem des Black Hole vor, das im Folgeroman im Mittelpunkt steht.

Am 17. April 2020 erschien »Die Dunkle Schwere. Ein Oxtorner im Einsatz – und im Kampf mit sich selbst« (PR 3061). Monkey ist wieder im Einsatz! Der Lordadmiral der USO, in seinem auf 4,8 Gravo geeichten Körper fast unverwundbar und durch seine Kameraaugen auch sichtbar vor jeder emotionalen Reaktion auf die Welt geschützt. Saessbekker, ein parabegabter Phersune, verschafft sich Kontrolle über die RATBER TOSTAN, um die Position der Milchstraße an den Advokaten der Kandidatin Phaatom verraten zu können.

Phersunen sind Humanoide mit blassblauer Haut. Ihre grünen oder goldenen Stielaugen können sie ausfahren. Statt Augenbrauen schützen Knochenwülste vor herabtropfendem Schweiß, und ihre siebenfingerigen Hände haben zwei Daumen. Ihr auffälligstes Merkmal ist ein vom Hinterkopf abstehendes Knochengeweih. Wir sehen auch hier: exotische Völker, bunte Schauplätze, riesige kosmische Zusammenhänge.

Wer PERRY RHODAN einfach nur zum Spaß liest, wird gern auf die Perrypedia zurückgreifen. Da gibt es zu jedem Roman Übersichten zur Handlungsebene, zu den jeweiligen Völkern und zu den Protagonisten. Es mag der anstrengenden Zeit geschuldet sein und dem Gebrauch der ausgezeichneten Hörbücher von Eins A Medien: auch die Verfasserin dieser Kolumne benutzt die Perrypedia, um sich noch auszukennen. Den Genuss der Einzelromane behindert der Mangel an Überblick allerdings kaum, die funktionieren auch so.


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Ausblicke

Es folgt ein zweiter Viererblock, diesmal verfasst von Susan Schwartz und Christian Montillon. Die Titel lauten »Zeut« (PR 3062) »Ceres« (PR 3063), »Ferrol« (PR 3064) und »Beteigeuze« (PR 3065).

Laut Redaktionsseite spielen zwei davon im Dyoversum, die anderen beiden in einer neu einzuführenden Galaxie, und die Geschehnisse hängen mit der Situation in der Milchstraße zusammen.

»Ferrol« handelt von einer Reise ins Wega-System und einer unbekannten Gefahr, die dort auf Topsider und Terraner wartet. Die müssen jetzt irgendwie miteinander zurechtkommen. Zur Erinnerung: im Dyoversum gibt es so etwas wie Eisblöcke im Hyperraum, was die überlichtschnelle Fortbewegung enorm erschwert. Alles ist neu und anders. »Beteigeuze« ist die direkte Fortsetzung. Es folgt ein Doppelband von Michael Marcus Thurner: Band 3066 trägt den Titel »Drangwäsche. Zwischenstopp auf einer langen Reise – ein Haluter tobt sich aus«. Dem folgt »Die Ägidenwelt. Er ist der Niemands-Konsul – er herrscht über ein ganzes Volk«. 33 Bände vor dem Zyklusfinale ist die Bühne voll, und viele Fragen sind offen.


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»Stalker«

Ein großes Jubiläum kündigt sich an: Im September 1978 erschien zum ersten Mal eine Hardcover-Ausgabe. Nun kommt Band 150. Aktuell befindet sich die Aufarbeitung der Erstauflage bei den Heften um 1250 herum, also in der Mitte des »Chronofossilien«-Zyklus.

Als Redakteurin des Newsletters der Perry Rhodan Fanzentrale konnte die Verfasserin dieser Kolumne im März ein kleines Interview mit Arndt Ellmer veröffentlichen, der den titelgebenden Roman zum Silberband 149 »Der Einsame der Tiefe« (PR 1236) schrieb und »Unternehmen Quarantäneschirm« (PR 1255), das im Silberband 150 enthalten sein wird. Nach einer Zeit gesundheitlicher Probleme geht es dem langjährigen Betreuer der Leserkontaktseite, die vielen Lesern eine Anlaufstelle bot, wieder deutlich besser. Die Ursprungsromane wurden 1985 geschrieben, und das ist schon ganz schön lange her.


© Pabel-Moewig

»MISSION SOL«

Die zwölfbändige Miniserie PERRY RHODAN MISSION SOL, Kurztitel PRMS, erschien von Juni bis September 2019, und sie findet seit März 2020 eine Fortsetzung, erneut mit Kai Hirdt als Expokrat.

In beiden Miniserien geht es um die Abenteuer des Generationenschiffs SOL, das seit längerer Zeit aus der Erstauflage verschwunden war, und zwar mit Rhodans Sohn Roi Danton an Bord.

Es ging in PRMS 1 um die verschwundenen Kinder der SOL auf der Kosmokratenwelt Evolux und die Proto-Chaotische Zelle, einem Schlüsselobjekt in der Auseinandersetzung zwischen den Ordnungsmächten des Kosmos und denChaotarchen. Die gut durchkomponierten Titelbilder von PRMS 1 stammen von Dirk Schulz.

PRMS 2 trägt den Arbeitstitel »Labyrinth«. Einige Protagonisten aus PRMS 1 werden weitergeführt, andere nicht. Mit den Titelbildern ist wieder Arndt Drechsler im Start. Aktuell sind neben dem Expokraten Madeleine Puljic, Olaf Brill, Hermann Ritter und Bernd Perplies als Autoren bekannt. Diesmal ist Gerechtigkeit ein Thema. Rhodan wird in Situationen geworfen, in denen er verschiedenen Wertesystemen gerecht werden muss, und nicht jedes entspricht dem, was er oder der Leser als gerecht empfindet.

Aus der Interviewreihe der Verfasserin dieser Kolumne zu PRMS 1 entstand das E-Book »Mission Evolux«, das in freiem Download auf der Website der Perry Rhodan Online Community zur Verfügung steht. Die sich anschließende Interviewreihe läuft. (Link im Anschluss, Anm. d. Red.).


Interviewreihen zur Erstauflage und zu den Miniserien auf PROC. Das Zitat von Themsen ist im Interview 3058. https://www.proc.org

Erstauflage

https://perry-rhodan.net/produkte/erstauflage

PERRY RHODAN NEO

https://perry-rhodan.net/produkte/neo

Perrypedia

https://www.perrypedia.de

PERRY RHODAN MISSION SOL 2

https://perry-rhodan.net/produkte/miniserien/mission-sol-2

Mission Evolux

https://www.proc.org/fan-publikationen/mission-evolux-gespraeche-ueber-die-pr-miniserie-mission-sol/