Akrons Crowley Tarot Führer

Text
Author:
Read preview
Mark as finished
How to read the book after purchase
Font:Smaller АаLarger Aa

Weiterführende Bemerkungen



1 Frieda Harris zeichnete ursprünglich drei verschiedene »Magier« für das Deck, bevor sich Crowley für die vorliegende Version entschied. Deshalb existieren neben dem eigentlichen Magus noch ein weißer oder Flügelschrauben-Magier, so genannt wegen seiner Körperhaltung, und ein schwarzer oder Schatten-Magus, eine Bezeichnung, die auf den großen Schatten der dunklen Gestalt hinter ihm herrührt. Alle drei Karten sind sowohl mit ägyptischen wie mit griechischen Symbolen bestückt. In den neuen Decks sind diese Unikate nicht mehr erhalten.

Von den dreien ist der Flügelmutter- oder Swastika-Magier, wie ihn Eingeweihte nennen, der einzige, der sich in Bewegung zeigt. Seine Körperhaltung ähnelt einer Schraube mit flügelförmigen Ansätzen, mit der er sich in die hinter ihm liegende Midgardschlange, ein im Weltmeer lebendes, riesenhaftes dämonisches Wesen, das in der germanischen Mythologie die zwischen Totenreich und Himmel liegende Welt umschlingt, hineindreht (oder – umgekehrt – die Schlange als Symbol des Schattens auf die Realitätsebene hinauszieht). Sein Haupt wird ebenfalls von zwei Uräusschlangen geschmückt und ebenso thront über ihm die geflügelte Sonnenscheibe von Hadit. Unter ihm erhebt sich Hanuman, der hinduistische Toth3, der sich vor die Weltenschlange schiebt, und rund um die Karte sind die Symbole der Kleinen Arkana drapiert, Stäbe, Kelche, Schwerter und Scheiben.


Der Schatten- oder Schwarzmagier hat acht Arme und Hände, mit denen er allerlei Symbole und Ritualwerkzeuge festhält. Hinter ihm erscheint ein riesiger Schatten, der die Form eines Gorillas angenommen hat. Es ist seine eigene, personifizierte Dunkelheit, die sich abgespalten und hinter ihm ins Grenzenlose ausgedehnt hat, denn als Manifestation des Universums trägt er die Summe der Schatten genauso in sich, wie er selbst aus der Summe seines Lichtes geschaffen ist. Über seinem Kopf schwebt, wie bei allen älteren Decks, die Lemniskate, das Zeichen der Unendlichkeit, und aus seinen Schultergelenken, an denen je vier dünne Ärmchen befestigt sind, entströmen Magnetfelder, Symbole der geistigen Kraft, die die Grenzen regiert, innerhalb derer sich ein menschliches Individuum entwickeln darf. In neueren Decks sind diese Karten, wie schon gesagt, leider nicht mehr enthalten. Auch wenn man einräumen mag, dass der offizielle Magier sich wahrscheinlich am besten ins Set einfügt, so sei doch auch festgehalten, dass die beiden anderen Karten in ihrer ergänzenden Aussagekraft, ihrem Symbolgehalt und künstlerischen Ausdruck nicht zu unterschätzen sind.

2 Das bedeutet auch: Er hat noch einen weiten Weg vor sich, bevor er in der Karte XXI – Das Universum auf dem Kopf der Schlange reiten kann.


3 Es ist wichtig zu wissen, dass die Libido im ersten Lebensdrittel ungehindert in unseren bewussten egoistischen Willen einfließen sollte. Ziel des Helden ist es, seine eigenen Wünsche um jeden Preis in den Mittelpunkt seiner persönlichen Ausrichtung zu stellen. Der Mensch auf der Ebene des Magus ist deswegen nicht schlecht, sondern es geht einfach darum, den Weg zu sich selbst über die Verwirklichung der eigenen Wünsche und die ausschließliche Ausrichtung auf die persönlichen Ziele zu finden. Im Laufe des Weges (= Lebens) verändert sich die Energie und das Ganze stellt sich später normalerweise größtenteils umgekehrt dar. Auf der Ebene des Eremiten geht es beispielsweise um die Situation, die Selbstbezogenheit des Ich bin! und die naive Anmaßung der Jugend zugunsten der reiferen Erfordernisse des Selbst zu zähmen, da jeder Sieg des Ichs um die Beibehaltung der Herrschaft innerhalb der Persönlichkeit für die Entwicklung der Psyche eine Niederlage wäre.

Die Unklarheiten mit den drei Magiern

Für besonders große Verwirrung sorgten die drei Magier, die zu dem nunmehr aus 80 Karten bestehenden Crowley-Tarot gehörten, das 1986 als druck- und fototechnisch erheblich verbesserte Neuauflage erschien. Das Rätselraten über mögliche Bedeutungen und über die geheimnisvolle Herkunft der zwei »neuen« Magier führte zu recht fantasievollen Erklärungen: Von den drei Magiern, die dem Stern von Bethlehem folgten bis zu dem schwarzen Magier, dem weißen und dem dritten, der die Polarität in sich vereinigt. Möglich ist aber auch eine profane: Als Werner Ganser, damaliger Besitzer des Urania-Verlags und Initiant für die Neuauflage, im Warburg Institute in London die Originalzeichnungen betrachtete, stellte er fest, dass dort 80 Karten ausgestellt sind. Lady Frieda Harris hatte seinerzeit drei Entwürfe für die Karte des Magiers gemalt, von denen Crowley jedoch nur einen akzeptierte. Da aber auch die beiden anderen von eindringlicher Symbolkraft waren, schlug Werner Ganser vor, die zwei Karten dem Tarotdeck als Sammlerstücke beizufügen und es dem Käufer zu überlassen, sich seinen Magier auszuwählen.4

Der ehemals »kalifornische« O.T.O., der von dem inzwischen verstorbenen Grady McMurtry (Caliph Hymenaeus Alpha) wieder belebt wurde und heute von seinem Nachfolger William Breeze (Hymenaeus Beta, Frater Superior) in New York geleitet wird, erhob Einspruch und untersagte der Kartenfirma das weitere Drucken der beiden »falschen« Magier. Nach jahrelangem Hin und Her akzeptierte die AGM schließlich den O.T.O. als Crowleys rechtmäßigen geistigen Erben, nicht zuletzt, um einen aufwändigen Rechtsstreit mit unsicherem Ausgang in den USA zu vermeiden. Seitdem erhält die Caliphats-Linie nicht nur Tantiemen an den Harris-Karten, sondern hat auch das Monopol hinsichtlich der Farbgestaltung, Kartentitel oder, wie in diesem Fall, innerhalb der Publikation der drei Magier. Das ist auch der Grund, warum es seit der neuen Druckausgabe von 2004 nur noch einen Magus gibt.

Die AGMüller schrieb einem Kunden, der sich nach den fehlenden Magiern erkundigte, folgende Begründung:

Aleister Crowley Thoth Tarot®

Vielen Dank für den Kauf des von uns publizierten »Aleister Crowley Thoth Tarots«. Wenn Sie das heutige Deck mit einer früheren Edition vergleichen, werden Sie feststellen, dass zwei Magier durch zwei andere Extrakarten ersetzt wurden. Die beiden zusätzlichen Magier wurden auf Betreiben des Ordo Templi Orientis (O.T.O.), der Erben Crowleys, entfernt. Der O.T.O. begründet dies wie folgt:

Der Grund, warum mehrere Ausführungen der Magus Karte existieren ist der, dass es bei den beiden überzähligen Karten um zusätzliche Entwürfe handelt, die vom Designer, Aleister Crowley, aber verworfen wurden. Diese waren für eine Einfügung in das Deck niemals vorgesehen, und so kehrten wir zum einfachen Magus zurück, um der Intention des Autors Rechnung zu tragen. Wir schätzen die künstlerische Ausführung der anderen genauso, doch diese Entscheidung haben wir nicht zu treffen. Wir konnten feststellen, dass eine erstaunliche Anzahl von Tarot-Einsteigern Versuche unternommen hat, mit drei Versionen einer Karte zugleich Divination zu betreiben.

Wir hoffen, wir konnten Ihnen die Situation näher erläutern, und wünschen Ihnen, dass Sie die Arbeit mit Ihrem Crowley Tarot genießen werden. Freundlichst, AGMüller

Auch Lon Milo DuQuette, führendes O.T.O.-Mitglied und bekannter Buchautor, bläst ins gleiche Horn: Es ist nicht im Entferntesten vorstellbar, dass Crowley 24 Trümpfe oder ein Deck mit 80 Karten schaffen wollte. Bei jeder dahingehenden Theorie oder Behauptung würde er sich im Grabe umdrehen, außerdem zeigt so etwas krasseste Unkenntnis Crowleys und des Buches Thoth. Crowley ließ nur eine Magier-Karte zur Aufnahme ins Thoth Tarot zu. Es ist diejenige, deren Abbildung im Buch Thoth wiedergegeben ist und zugleich der einzige Magus, der in neueren Decks vertrieben wird. (…) Also Schluss mit dem Gerede von den Drei Weisen!5

Es gibt aber auch ganz andere Meinungen: Diese nachfolgende, interessante esoterische Betrachtung verdanken wir Harald Schulze-Theiler aus Münster, der sich in seinem Buch »Judas und sein Sohn Ger« in tiefgründigster Weise mit esoterischer Symbolik befasst und dabei eindrucksvoll auf das Vorhandensein von zwei unsichtbaren Tarotkarten schließt. Zwar bezieht sich Harald Schulze-Theiler strikt auf den seiner Meinung nach einzig richtigen Tarot: die Oswald Wirth Karten in der Version von Elisabeth Haich. Er kommt nun in Analogie zu den »Drei tollen Tagen«, in denen wir uns seinem Weltkalender zufolge befinden, zu dem Schluss, dass es sich bei den fehlenden Karten um zwei weitere Narren handeln muss. Dennoch lässt sich seine Grundüberlegung sehr wohl auf die drei Magier in dem heutigen Crowley-Tarot übertragen. Die Quintessenz seiner Überlegungen ist stark vereinfachend verkürzt folgende: Die allen alten Zahlensystemen innewohnende Methodik läuft auf ein 24er System hinaus, von dem jedoch oft genug 10 % unsichtbar sind. So spiegelt zum Beispiel die astronomisch exakt berechnete Dauer eines Weltzeitalters (Fische-, Wassermannzeitalter etc.) von 2160 Jahren nur 90 % der »Wirklichkeit«. Es sind »tatsächlich« 2400 Jahre, von denen eben 10 % = 240 unsichtbar sind (2400 - 240 = 2160). Ebenso gab es eigentlich immer schon 24 Karten der Großen Arkana, von denen jedoch 10 % (das sind abgerundet 2 Karten) unsichtbar waren. So betrachtet wäre das Auftauchen dieser zwei verborgenen Karten ein Phänomen, das sehr gut in eine Zeit passt, in der vieles von dem, was jahrhundertelang strengster Geheimhaltung unterlag, in das Licht der Öffentlichkeit tritt.6

 

Wir sind bei der Gestaltung des Akron-Tarots7 selbst von ähnlichen Überlegungen ausgegangen und haben die Anzahl der Trümpfe durch die beiden neuen Karten Die schwarze Göttin und Das dunkle Kind ebenfalls von 22 auf 24 erweitert, wenn auch aus anderen Gesichtspunkten. Aber was wissen wir schon über die Beweggründe eines Mannes, bei dem tiefste Gedanken und Ironie und Spott sich so ansatzlos die Türklinke in die Hand gaben. Beispielsweise hat einiges, was Crowley über den Magus schreibt, wenig mit der offiziellen Karte gemein: Die andere Form des Thoth stellt ihn vorrangig als Weisheit und das Wort dar. In seiner rechten Hand trägt er den Stilus (Schreibgriffel) und in seiner Linken den Papyrus.8 Von den drei Magiern kommt für diesen Sachverhalt allein der »Herr mit dem Gorilla im Rücken« in Frage, denn er ist der einzige, der diese Utensilien mit sich führt. Und auch die von Crowley mit Christus in Verbindung gebrachte Fisch-Symbolik wird durch den Griffel allegorisch dargestellt, denn wir sehen, wie der Stilus mit seinem Ende wie eine Harpune im Maul des Fisches steckt. Crowley schreibt: Eine Hälfte des Fischsymbols ist sowohl Christus wie Merkur gemeinsam; Fische sind dem Merkur heilig.9 Auch die expressiven Schilderungen in Der Herr der Illusionen verweisen eher auf den Schatten-Magier, denn keine der beiden anderen Karten kommt für diese Aussagen in Frage: Es ist die Gestalt des Magus aus dem Tarot; in seiner Rechten die Fackel mit emporlodernden Flammen; in seiner Linken ein mit Gift gefüllter Becher, ein Wasserfall in die Hölle.10

Dem Wunsch des Verlages, die beiden umstrittenen Trümpfe, wenn schon nicht als zusätzliche Karten, so doch zumindest als perforierte Seiten auf dickerem Kartenmaterial in dieses Buch aufnehmen zu wollen, damit der interessierte Leser die Wahl hat, den bevorzugten Magier aus dem Buch heraustrennen zu können, erteilte William Breeze alias Hymenaeus Beta einen abschlägigen Bescheid:

I have no objection to the inclusion of the two variants so long as they are clearly identified in Akron‘s text as having been rejected by AC and Harris, and they are reproduced at a different size from the various printed decks, don‘t have the backs of the cards printed on the other side, and are on the regular book paper (not card stock). I don‘t see why they should be perforated, unless the idea is to let people take them out of the book to use them as cards, which I could never approve. The perforation just seems an unnecessary expense otherwise.

Best Bill11

Weitere Unklarheiten


Crowleys alchemistische Irritation

Crowley schreibt: Merkur stellt das Handeln in all seinen Formen und Phasen dar. Er ist die fluidische Grundlage aller Übertragungen der Tätigkeit; und in der dynamischen Theorie des Universums ist er selbst dessen Substanz. Er stellt somit die ununterbrochene Schöpfung dar.12 Somit wäre der Magus der erste alchemistische Trumpf, da er für das alchemistische Element und Prinzip des Merkurs steht. Nur sagt Crowley auch: Der Kaiser ist eine der wichtigeren alchemistischen Karten; mit Atu II und III bildet er die Dreiheit: r Schwefel,NMercurius oder Quecksilber und y Salz.13

Somit hat er das merkursche Quecksilber sowohl dem Magus wie der Hohepriesterin zugeteilt. Was also nun? Versuchen wir, aus Crowleys Unschärfe eine Tugend zu machen und denN sowohl aus männlicher wie aus weiblicher Sicht zu beschreiben. Man könnte sagen, wenn der Ndes Magus das Handeln in all seinen Formen darstellt, dann steht derNder Hohepriesterin für das Handeln vor dem Handeln, sozusagen als Idee des Handelns oder als zukünftige, zu beabsichtigende Tat.


Der solare Merkur(ius)

Wenn der Magus die ans Licht sprudelnde Quelle an Wissen und Erkenntnis darstellt, die sich in allem, was sie denkt und fühlt, nur immer auf sich selbst bezieht, dann verkörpert die Hohepriesterin die unterirdische, unbewusste Wasserzufuhr tief auf dem Grund der Seele. Das heißt: Der Magus kann die Hohepriesterin nur indirekt wahrnehmen, wenn er akzeptiert, dass es in der Tiefe noch jemanden anderen geben muss, zu dem er sich in Beziehung setzen kann. Wie soll es ihm aber gelingen, seinem geheimnisvollen Gegenpol, aus dem er schöpft, einen Namen zu geben, da sich die Kraft der Hohepriesterin ja nicht in die Bildhaftigkeit seiner Formzwänge integrieren lässt? So sehr sich sein Bewusstsein auch müht, allem, was er entdeckt, seinen Stempel aufzudrücken und es zu einer Errungenschaft des eigenen Weges zu erklären, indem er es benennt und damit zum aktiv erschaffenden Pol einer Dualität zu machen versucht, versagt er stets, wenn es gilt, die unbewusste Kraft zu benennen und mit der Schöpferkraft zu fließen. Er versucht sie ständig zu kontrollieren, obwohl sie es ist, die ihn dirigiert und vorwärts treibt. Deshalb erscheint ihm der lunare Merkur14 oft im Traum, damit er das solare Bewusstsein ohne Störungen des Ego befruchten kann. Somit ist die Hohepriesterin wohl am treffendsten beschrieben als die abstrakte, nicht zu personifizierende Idee des Gegenpols, das Prinzip eines Gegengewichts zu den solaren Kreationen des Magus, um den Plan von dieser unserer, aus Polaritäten geschaffenen Welt zu vervollständigen.

Deutungen

Im beruflichen Alltag ist das eine sehr kräftige und aktive Karte. Der Magus redet nicht lange herum, sondern langt auch schon einmal hin und handelt, wenn es geboten ist. Sein Spiel heißt Leben und durchsetzen und ist ein echtes Konditionstraining für seinen Willen, denn es verschafft ihm den Nervenkitzel des Lebenskampfes und gleichzeitig wird seine Durchsetzungskraft gestärkt. Dabei strebt er stets nach einem Zustand aggressiver Kräfteentladung, denn am stärksten fühlt er sich, wenn er den Stier bei den Hörnern packen kann. Dadurch werden alle Herausforderungen gemeistert und allfällige Widerstände unterdrückt, denn durch seine mit einer ungestümen und direkten Hau-drauf-Methode kombinierte geistige Wendigkeit erkennt er sofort, an welcher Stelle er noch überzeugende Argumente nachschieben muss. Im täglichen Leben zeigt diese Karte nicht nur ein blindes Vertrauen in die Richtigkeit unseres Willens, sondern oft auch das unschuldige Staunen über die Folgen der Kraft unserer eigenen Handlungen. In finanziellen Dingen ist uns das Hemd oft näher als die Hose, denn wenn wir den anderen über den Tisch ziehen, kann man nicht sagen, dass wir in allen Einzelheiten Herr über die Auswirkungen unserer Taten sind. Wenn jeder andere noch darauf wartet, dass eine neue Situation auf ihn zukommt, machen wir im Bereich unserer Frage bereits den nächsten Schritt. Doch der Schatten ist nicht weit: Wir packen zwar die Dinge meist ohne Umschweife an, aber wenn wir irgendwo feststecken und nicht mehr weiterkommen, dann verlieren wir schnell unser Interesse und wenden uns anderen Geschäften zu.

In der Liebe kommt der Magus meist schneller zur Sache, als dies im alten Knigge nachgeschlagen werden kann, denn wenn ein Magier seinen direkten, auf schnelle Eroberung ausgerichteten Charme versprüht, galoppieren die »Pferde aus dem Stall«. Mit der Triebkraft der Begeisterung vermag er jeden zu entzünden und mit sich in den Liebesolymp zu nehmen, der seine Vorstellung berührt, also das Bild, wie er sich vorstellt, dass der andere zu sein hat. Dabei wird der Partner nicht nur an die Kette seiner charismatischen Anziehung gelegt, sondern auch als Ventil für explosive Experimente benutzt. Schließlich fühlt sich das Feuer des Magus einzig seiner impulsiven Leidenschaft verpflichtet und wird dabei höchstens noch von seinem überschäumenden Optimismus übertroffen. Schwäche oder Mitleid entlocken ihm nur ein Lächeln, denn er lebt nach dem Motto: Selbst ist Mann oder Frau!


Der Magus in der Magick

– Tiefergehende Erkenntnisse –

Der 3. Aethyr

Crowley beschreibt auch den »schwarzen Magier«, den er 1909 zusammen mit Victor Neuburg in der Sahara beschwor bzw. mittels eines goldenen Topases »bereiste«. John Symonds, sein Biograf, notiert: Crowley war sein eigener Seher. Wenn es irgendwelche Engel zu betrachten gab, wollte er sie selbst sehen, und nicht via Neuburg. Als Kristallkugel benutzte er seinen goldenen Topas. Meistens hielt er ihn in seiner Hand. Nachdem er sich einen Ort gesucht hatte, wo jede Störung ausgeschlossen schien, nahm er den Stein zur Hand, rezitierte den Schlüssel und ließ den Topas eine ähnliche Rolle spielen wie den Spiegel in »Alice im Wunderland«, nachdem er sich vergewissert hatte, dass die gerufenen Geister anwesend waren. Er konnte in dem Topas nicht nur Engel sehen, sondern auch in den Stein eindringen, was Crowley wiederum so kommentiert: Ich hatte gelernt, mich nicht mehr mit den Reisen per Astralkörper herumzuärgern. Ich erkannte, dass der Raum nicht ein Ding an sich war, sondern lediglich eine brauchbare Kategorie von vielen, mit deren Hilfe wir Objekte voneinander unterscheiden. Wenn ich also sage, dass ich mich in einem Aethyr befand, meine ich damit einfach den seiner Natur angemessenen und angepassten Zustand.15

Crowley schreibt: Ich sehe die Gestalt des Magus aus dem Tarot; in seiner Rechten die Fackel mit emporlodernden Flammen; in seiner Linken ein mit Gift gefüllter Becher, ein Wasserfall in die Hölle. Und dieser Magus vertreibt, durch die Macht seiner vier Waffen, Schleier auf Schleier; tausende leuchtender Farben, den Aethyr zerreißend; es ist wie der Anblick von schartigen Sägen, oder wie abgebrochene Zähne im Antlitz eines jungen Mädchens, oder wie ein Riss, oder Wahnsinn (…) So blicke ich in den Stein und erschaute den sechsfältigen Stern; der gesamte Aethyr war wie aus lohfarbenen Wolken, wie die Flamme eines Ofens. Und dort ist eine mächtige Schar von Engeln, blau und golden, die ihn bedrängen, und sie rufen: Heilig, Heilig, Heilig bist Du, der Du unerschüttert von den Erdbeben und dem Donner bist! Das Ende aller Dinge ist auf uns herab gekommen; der Tag des Sei-Mit-Uns ist nahe! Denn er hat das Universum erschaffen, und er hat es besiegt, auf dass er seine Freude daran haben möge. Und nun, im Zentrum des Aethyrs, erblicke ich jenen Gott. Er besitzt tausend Arme, und in jeder Hand ist eine Waffe von schrecklicher Macht. Sein Antlitz ist schrecklicher als der Sturm, und aus seinen Augen brechen Blitze von unerträglichem Glanz hervor (…) Unter seinen Füßen ist das Königreich und auf seinem Haupt die Krone. Er ist Geist und Materie; er ist Friede und Macht; in ihm ist Chaos und Nacht und Pan, und durch Babalon, seine Konkubine, die ihn vom Blut der Heiligen trunken machte, das sie in ihrem goldenen Becher auffing, hat er die Jungfrau gezeugt, die er nun entjungfert. Und so steht es geschrieben: Malkuth soll erhoben und auf den Thron von Binah gesetzt werden. Und dies ist der Stein der Weisen, der als ein Siegel auf den Grabstein des Tetragrammaton gesetzt ist, und das Elixier des Lebens, destilliert aus dem Blut der Heiligen, und das rote Pulver, gemahlen aus den Knochen Choronzons.

 

Und kommentiert es gleich: Dies ist Mayan, der große Magier, der über Beth (Pfad 12) die Dyade erschaffen und so die Konzeption des Gegensatzes und von da des Bösen ermöglicht hat. Er muss von Chokmah, dem schöpferischen Merkur, unterschieden werden, der als Logos die Essenz Kethers übermittelt, damit Kether für ihn selbst durch Binah verständlich wird. Der niedere Merkur dagegen behauptet die Dyade als eine Realität und verleugnet Kether und das Ain gleichermaßen.16