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Das schwarze Häuschen auf dem Moor

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Das schwarze Häuschen auf dem Moor
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Mein Vater war ein Steinhauer. Sein Häuschen stand einsam in einem Moor, eine und eine halbe Meile weit von der nächsten Wohnung entfernt. Da wir sehr arm waren, hatte diese Wohnung, trotz ihrer einsamen Lage, doch eine große Anziehungskraft für uns, weil wir keinen Miethzins dafür zu bezahlen hatten. Hierzu kam noch, daß die Steine, durch deren Behauen mein Vater seinen Unterhalt gewann, alle um ihn herum, so bequem vor seiner Thüre, lagen, daß er seine Lage, so einsam sie war, fast für beneidenswerth hielt. Ich kann nicht sagen, daß ich darin mit ihm übereinstimmte, obschon ich mich niemals beklagte. Ich liebte meinen Vater und der Gedanke, ihm nützlich zu sein, machte mir die Einsamkeit erträglich. Mrs. Knifton unsere Gutsherrin, wünschte mich, als sie heirathete, in ihren Dienst zu nehmen; aber ich lehnte es – ungern genug – um meines Vaters willen ab. Wenn ich fortgegangen wäre, so hätte er Niemand bei sich gehabt und meine Mutter hatte mir auf ihrem Todesbette das Versprechen abgenommen, daß ich ihn mitten auf dem traurigen Moor nicht allein lassen wollte. Unser Haus war trotz seiner Kleinheit aus Steinen des Moors fest gebaut und wohl verwahrt. Die Wände waren außen und innen mit Holz verkleidet, das Mrs. Kniftons Vater meinem Vater zum Geschenk gemacht hatte. Dieser doppelte Schutz war in unserer ausgesetzten Lage zur Abhaltung der kalten Winde, welche das ganze Jahr über, mit Ausnahme der Sommermonate, über das Moor hinstrichen, ein unerläßliches Bedürfnis, die äußere Verschalung, welche die rauhen Steinmauern bedeckte, schützte mein Vater gegen die Nässe durch einen Theeranstrich. Dies gab unserm kleinen Hause ein schwarzes, düsteres Aussehen, besonders, wenn man es von der Ferne sah, und so hatte man es in der Umgegend Schwarzes Häuschen genannt.

An einem wolkigen Herbstag, zur Zeit, wo ich nicht mehr als achtzehn Jahre alt war, zwang meinen Vater eine größere Arbeit, für eine Nacht unsere Hütte zu verlassen, doch wallte er mich vorher nach der Moor-Farm bringen. Ich lehnte jedoch den Vorschlag ab. Diebe hatten sich noch nie bei uns sehen lassen, unsere Armuth war ein hinlänglicher Schutz gegen dieselben und andere Gefahren gab es nicht. So überließ denn der Vater mir und meiner Katze Polly, für das Haus Sorge zu tragen.

Ich hatte den Tisch abgeräumt und mich, mit der Katze zu meinen Füßen, zur Arbeit niedergesetzt, als ich den Hufschlag von Pferden vernahm. An die Thüre eilend, sah ich Mr. und Mrs. Knifton mit ihrem Reitknecht zu Pferde auf das Haus zukommen. Die junge Dame war gütig genug, mir, so oft sich eine Gelegenheit darbot, einen freundlichen Besuch abzustatten, und ihr nachsichtiger Gatte hatte gewöhnlich nichts dagegen, sie zu begleiten. Sie stiegen ab und traten in’s Haus, in der besten staune lachend und plaudernd. Sie sagten mir, daß sie nach derselben Grafschaftsstadt reiten wollten, wohin mein Vater gegangen war, und daß sie die Absicht hätten, einige Tage dort zu verweilen und dann zu Pferde auf demselben Wege nach Hause zurückzukehren, daß aber Mr. Knifton eine Summe Geldes bei sich trüge, die er unterwegs von einem seiner Pächter empfangen. Nach der Stadt wolle er dieselbe nicht nehmen, vom Hause sei er schon zu weit entfernt. Sie baten mich nun, das Geld für einige Tage aufzubewahren, das sie dann auf dem Rückweg wieder abholen wollten. Hierauf gab mir Mr. Knifton ein Taschenbuch, welches ich sofort in einem kleinen Glasschrank, dem einzigen werthvollen Möbel, das wir im Hause hatten, verschloß.

Obschon es nichts Neues für mich war, daß mir Mrs. Knifton Geld anvertraute (so lange sie ledig war, besorgte ich immer die Bezahlung der Rechnungen ihrer Putzmacherin), so war mir nach Entfernung der Herrschaften doch nicht ganz wohl zu Muth darüber, daß sie mir ein Taschenbuch voll Banknoten zur Aufbewahrung zurückgelassen hatten. Sobald ich allein war, begann der Anblick desselben in dem Glasschrank mich zu ängstigen und, statt zu meiner Arbeit zurückzukehren, quälte ich mich mit dem Gedanken ab, einen Platz zu finden, wo ich es aufheben konnte, ohne daß es den Blicken jedes Fremden, der zufällig in‘s Haus kommen würde, ausgesetzt wäre.

Das auszuführen, war keine leichte Sache in einer ärmlichen Wohnung wie die unsrige, wo es nichts Werthvolles unter Schloß und Riegel zu bringen gab. Nachdem ich im Geiste die verschiedenen Verstecke durchgegangen hatte, fiel mir meine Theebüchse, ein Geschenk von Mr. Knifton ein, die ich immer in meinem Schlafzimmer aufbewahrte. Statt aber das Taschenbuch zu der Theebüchse zu bringen, ging ich unglücklicher Weise – wie sich später auswies – in mein Zimmer, um die Theebüchse zum Taschenbuch zu bringen. Ich that dies aus bloßer Gedankenlosigkeit und ich wurde, wie es sich später ausweisen wird, schwer genug dafür bestraft.

Ich war gerade im Begriff, die unglückliche Theebüchse aus meinem Schrank zu nehmen, als ich draußen auf dem Gang Schritte vernahm. Ich eilte hinaus und sah zwei Männer in das Wohnzimmer treten, wo ich Mr. und Mrs. Knifton empfangen hatte. Ich fragte, scharf genug, was sie wollten, und einer von ihnen antwortete, daß sie zu meinem Vater wollten. Er wendete sich natürlich, während er sprach, mir zu und ich erkannte in ihm einen Steinhauer, der unter seinen Kameraden den Namen »Shifty (schlauer) Dick« führte und in der Gegend in sehr üblem Rufe stand. Er war ein großer, starker Mann mit finsterem, blatternarbigem Gesicht und großen, haarigen Händen – der letzte Besucher in der ganzen Welt, den ich unter irgend einem Umstande gern gesehen hätte.