Read the book: «Einsatzrecht kompakt - Sachverhaltsbeurteilung für die weitere Ausbildung», page 2

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3.4 EWR-Bürger

Definition: EWR-Bürger ist jeder, der die Staatsangehörigkeit von Norwegen, Island oder Liechtenstein besitzt.

Gemäß § 12 Freizügigkeitsgesetz/EU – abgekürzt FreizügG/EU – gilt das FreizügG/EU auch für Staatsangehörige der EWR-Staaten und ihre Familienangehörigen.

In diesem Zusammenhang müssen auch die Schweizer genannt werden. Diese fallen nicht unter das FreizügG/EU. Dieser Personenkreis hat aber Freizügigkeitsrechte gemäß dem Freizügigkeitsabkommen Schweiz/EU.

Zusammenfassung


■ Diese Personengruppen haben gem. Art. 2 Nr. 5 SGK [sog. VO (EU) 2016/399] das Recht auf freien Personenverkehr.■ u. a. visafreies Reisen in jedes andere EU-Land
EWR-Bürger + Familienangehörige (Drittstaatsangehörige)
Schweizer + Familienangehörige (Drittstaatsangehörige)

Art. 2 Nr. 5 SGK

[…]

5. „Personen, die nach Unionsrecht Anspruch auf freien Personenverkehr haben“

a) die Unionsbürger im Sinne des Artikels 20 Absatz 1 AEUV sowie Drittstaatsangehörige, die Familienangehörige eines sein Recht auf freien Personenverkehr ausübenden Unionsbürgers sind, die unter die Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (1), fallen;

b) Drittstaatsangehörige und ihre Familienangehörigen ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit, die aufgrund von Übereinkommen zwischen der Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und den betreffenden Drittstaaten andererseits ein Recht auf freien Personenverkehr genießen, das dem der Unionsbürger gleichwertig ist;

[…]

3.5 Drittstaatsangehöriger

Definition: Drittstaatsangehöriger ist jede Person, die weder Unions-/EWR-Bürger noch Staatsangehöriger der Schweiz ist und kein abgeleitetes Freizügigkeitsrecht in Anspruch nehmen kann.

Die Definition findet sich in Art. 2 Nr. 6 SGK.

Merke: Drittstaatsangehörige sind – keine EU-/EWR-Bürger, kein Schweizer, kein Familienangehöriger (mit abgeleiteten Rechten).

4. Fälle an der Binnengrenze
4.1 Fall 1 – Schengenwirksamer Aufenthaltstitel

Sachverhalt:

BPOLI Forst: Sie kontrollieren im 30 km-Bereich der deutsch-polnischen Grenze ein Auto mit italienischem Kennzeichen. Der Fahrer (T) weist sich mit einem algerischen Reisepass aus, der vor fünf Jahren ausgestellt wurde und noch fünf Jahre gültig ist.

Darüber hinaus kann er einen schengenwirksamen italienischen Aufenthaltstitel vorweisen, der noch bis Mitte nächsten Jahres gültig ist.

Er gibt an, dass er aus Polen kommend vor ca. zehn Minuten die Grenze überschritten hat und für drei Tage seinen Bruder in Berlin besuchen will. Nach diesen drei Tagen möchte er wieder zurück nach Italien. Eine fahndungsmäßige Überprüfung verläuft ohne Ergebnis. Er verfügt nach Nachfrage über ausreichende finanzielle Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhalts.

Frage: Prüfen Sie, ob T die Voraussetzungen für die Einreise und den Aufenthalt erfüllt.

Gemäß der Fragestellung müssen Sie auf die Punkte 1 und 2 des Schemas eingehen:

1. Herausarbeiten der anzuwendenden Rechtsnormen

1.1 Statusprüfung der Person

1.2 Grenze

1.3 Beabsichtigte Dauer und Zweck des Aufenthalts

1.4 Anzuwendende Rechtsnormen nennen

2. Prüfung der Voraussetzungen der einschlägigen ausländerrechtlichen Normen

1. Herausarbeiten der anzuwendenden Rechtsnormen
1.1 Statusprüfung

Was müssen Sie hier prüfen [Hilfsfragen]?

Beantworten Sie die Hilfsfragen,

■ ob es sich bei der zu kontrollierenden Person um einen Deutschen oder Ausländer handelt;

■ ob die Person Unionsbürger ist oder eine Person, die das abgeleitete Freizügigkeitsrecht in Anspruch nimmt

■ ob die Person das Recht auf freien Personenverkehr genießt oder doch Drittstaatsangehöriger ist.

Lösungsvorschlag

Es handelt sich um einen algerischen Staatsangehörigen. T ist kein Deutscher i. S. d. Art. 116 I GG und somit Ausländer i. S. d. § 2 I AufenthG.

Der T ist weder EU-/EWR-Bürger noch Schweizer und es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass er Familienangehöriger eines EU-/EWR-Bürgers oder Schweizers ist, der sein Freizügigkeitsrecht in Anspruch nimmt.

Somit hat er kein Recht auf freien Personenverkehr gem. Art. 2 Nr. 5 SGK.

Somit ist er Drittstaatsangehöriger gem. Art. 2 Nr. 6 SGK.

1.2 Grenze

Was müssen Sie hier prüfen [Hilfsfragen]?

Der Punkt Grenze enthält zwei Prüfungsschritte.

1. Schritt: Zunächst beantworten Sie die Frage, welche Reisebewegung vorliegt und ob es sich bei dieser um eine Schengen-Binnen- oder Schengen-Außengrenze handelt (Art. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGK beachten).

2. Schritt: Danach müssen Sie die Frage beantworten, ob die Einreise bereits vollendet ist oder nicht (§ 13 AufenthG beachten).

Es gilt stets die allgemeine Regel: Arbeiten Sie eng am Sachverhalt!

Exkurs: Wann ist die Einreise vollendet?

Dieser Exkurs hilft Ihnen, die o. g. Frage 2 zu beantworten. Für die Beantwortung der Frage benötigen Sie den § 13 AufenthG (Markierungen im Gesetzesauszug durch die Verfasser).

§ 13 AufenthG (Grenzübertritt)

(1) Die Einreise in das Bundesgebiet und die Ausreise aus dem Bundesgebiet sind nur an den zugelassenen Grenzübergangsstellen und innerhalb der festgesetzten Verkehrsstunden zulässig, soweit nicht auf Grund anderer Rechtsvorschriften oder zwischenstaatlicher Vereinbarungen Ausnahmen zugelassen sind. Ausländer sind verpflichtet, bei der Einreise und der Ausreise einen anerkannten und gültigen Pass oder Passersatz gemäß § 3 Abs. 1 mitzuführen und sich der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs zu unterziehen.

(2) An einer zugelassenen Grenzübergangsstelle ist ein Ausländer erst eingereist, wenn er die Grenze überschritten und die Grenzübergangsstelle passiert hat. Lassen die mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragten Behörden einen Ausländer vor der Entscheidung über die Zurückweisung (§ 15 dieses Gesetzes, §§ 18, 18a des Asylgesetzes) oder während der Vorbereitung, Sicherung oder Durchführung dieser Maßnahme die Grenzübergangsstelle zu einem bestimmten vorübergehenden Zweck passieren, so liegt keine Einreise im Sinne des Satzes 1 vor, solange ihnen eine

Kontrolle des Aufenthalts des Ausländers möglich bleibt. Im Übrigen ist ein Ausländer eingereist, wenn er die Grenze überschritten hat.


An einer zugelassenen Grenzübergangsstelle [§ 13 II S. 1 AufenthG] Außerhalb zugelassenen Grenzübergangsstellen [§ 13 II S. 3 AufenthG]
Überschreiten der Grenzlinieund Passieren der Grenzübergangsstelle (i. d. R. bestehend aus einer grenzpolizeilichen sowie zollrechtlichen Kontrolle) Überschreiten der Grenzlinie
Schengen-AußengrenzeSchengen-Binnengrenze
Beispiel Der Reisende B erscheint am Flughafen Hamburg zur grenzpolizeilichen Einreisekontrolle des Fluges aus New York (USA) → Schengen-Außengrenze! Nachdem er die Kontrollposition der BPOL und die des Zolls passiert hat, ist er gem. § 13 II S. 1 AufenthG vollendet eingereist.Beispiel Der Reisende T überschreitet mit dem Auto die Grenze Frankreich-Deutschland → Schengen-Binnengrenze! Mit dem Überschreiten der Grenzlinie ist der T gem. § 13 II S. 3 AufenthG vollendet eingereist.

Lösungsvorschlag

Deutschland und Polen sind beide Schengen-Staaten. Folglich handelt es sich hier um eine Schengen-Binnengrenze gem. Art. 2 Nr. 1a SGK.

Die Person wird im 30km-Bereich kontrolliert. Somit ist die Person mit dem Überschreiten der Grenzlinie gem. § 13 II S. 3 AufenthG vollendet eingereist.

1.3 Beabsichtigte Dauer und Zweck des Aufenthalts

Was müssen Sie hier prüfen [Hilfsfragen]?

Dieser Punkt beinhaltet erneut zwei Prüfungsschritte, sofern es sich um einen Drittstaatsangehörigen handelt, der kein abgeleitetes Freizügigkeitsrecht in Anspruch nimmt.

1. Schritt: Zunächst beantworten Sie die Frage, ob aufgrund der Stempellage Voraufenthaltszeiten (im Schengen-Raum) erkennbar sind.

2. Schritt: Danach müssen Sie die Frage klären, wie lange die Person im Schengen-Gebiet bleiben möchte und was ihr Reisezweck ist.

Zusammenfassung → Aufenthaltsdauer


1.) Wenigerals 90 Tage in einem Zeitraum von 180 Tagen im Schengengebiet2.) Mehrals 90 Tage in einem Zeitraum von 180 Tagen im Schengengebiet.
Es handelt sich um einen Kurzaufenthalt gemäß Art. 6 I SGK.Es handelt sich um einen längerfristigen Aufenthalt.
3.) Sonderfall: Inhaber eines Aufenthaltstitels eines Schengen-Vollanwenderstaates.Dies stellt einen längerfristigen Aufenthalt in einem anderen Schengenstaat dar, aber einen Kurzaufenthalt in Deutschland.

Lösungsvorschlag

Voraufenthaltszeiten sind bei T laut Sachverhalt nicht erkennbar. Die Person möchte für drei Tage seinen Bruder in Berlin besuchen. Der T ist Inhaber eines schengenwirksamen Aufenthaltstitels von Italien. Der T lebt bereits dauerhaft in Italien, einem Schengen-Vollanwenderstaat. Somit handelt es sich um einen längerfristigen Aufenthalt im Schengen-Gebiet, aber um einen Kurzaufenthalt9 in Deutschland.

1.4 Anzuwendende Rechtsnormen nennen

Was müssen Sie hier prüfen [Hilfsfragen]?

Bei diesem Prüfungspunkt ist es nicht erforderlich, sämtliche Artikel und/oder Paragrafen zu benennen. Es kommt darauf an, die Systematik des Ausländerrechts darzulegen, indem Sie die hier relevanten und einschlägigen Gesetze etc. benennen.

Folgende (nicht abschließende) Konstellationen sollen die Systematik verdeutlichen:

Fallkonstellation 1: Kontrolle eines Positiv-10/Negativstaaters11 an einer Schengen-Außengrenze; die Person möchte zu einem Kurzaufenthalt einreisen.

Anzuwendende Rechtsnormen: Vorrangig ist der SGK und die EUVisaVO und das SDÜ anzuwenden. Ergänzend12 kommt das AufenthG und die AufenthV zur Anwendung.

Erklärung 13 :

■ Der SGK14 kommt vorrangig zur Anwendung, da er primär das Überschreiten der Außengrenzen durch Personen regelt. Unter anderem sind hier die Einreisevoraussetzungen für Drittstaatsangehörige (Art. 6 SGK – wichtige Rechtsnorm!) an den Außengrenzen geregelt. Der SGK regelt aber auch das i. d. R. kontrollfreie Überschreiten der Binnengrenzen (s. insb. Art. 22, 23 SGK).

■ Die EUVisaVO15 regelt die Visumpflicht bzw. Visumfreiheit für einen Kurzaufenthalt (bis zu 90 Tage) beim Überschreiten der Außengrenzen, je nach Staatsangehörigkeit. Hier müssen der Anhang 1 und Anhang 2 der EUVisaVO beachtet werden.

■ Das SDÜ16 regelt die einzelnen Reiserechte für Negativstaater (Art. 19), Positivstaater (Art. 20) sowie für Aufenthaltstitel-Inhaber (Art. 21).

Fallkonstellation 2: Kontrolle eines Positiv-/Negativstaaters an einer Schengen-Binnengrenze; die Person möchte zu einem Kurzaufenthalt einreisen.

Anzuwendende Rechtsnormen: Vorrangig ist das SDÜ, mittelbar der SGK und die EUVisaVO anzuwenden. Ergänzend kommt das AufenthG und die AufenthV zur Anwendung.

Erklärung:

■ Das SDÜ regelt die einzelnen Reiserechte für Negativstaater (Art. 19), Positivstaater (Art. 20) sowie für Aufenthaltstitel-Inhaber (Art. 21). Beim Überschreiten der Binnengrenzen und beim eigentlichen Aufenthalt im Schengen-Gebiet muss der Drittstaatsangehörige die jeweiligen Einreisevoraussetzungen der Art. 19 bis 21 SDÜ erfüllen. Die Einreisevoraussetzungen sind im SGK niedergeschrieben (Art. 6 SGK).

■ Der SGK kommt hier (nur) mittelbar zur Anwendung, da er primär das Überschreiten der Außengrenzen durch Personen regelt. Unter anderem sind hier die Einreisevoraussetzungen an den Außengrenzen geregelt. Wie oben beim Punkt SDÜ schon erwähnt, muss der jeweilige Drittstaatsangehörige die in den Reiserechten genannten Einreisevoraussetzungen des Art. 6 SGK erfüllen.

■ Die EUVisaVO regelt die Visumpflicht bzw. Visumfreiheit für einen Kurzaufenthalt (bis zu 90 Tage) beim Überschreiten der Außengrenzen. Die EUVisaVO kommt daher auch (nur) mittelbar zur Anwendung, um festzustellen, ob es sich um einen sichtvermerkspflichtigen (sprich visapflichtigen, s. Art. 19 SDÜ) oder sichtvermerksfreien (sprich visafreien) Drittstaatsangehörigen handelt.

Fallkonstellation 3: Kontrolle eines Inhabers eines nicht-deutschen, schengenweit gültigen Aufenthaltstitels an einer Schengen-Binnengrenze; die Person möchte (nach Deutschland) zu einem Kurzaufenthalt einreisen.

Anzuwendende Rechtsnormen: Vorrangig ist das SDÜ und mittelbar der SGK anzuwenden. Ergänzend kommt das AufenthG und die AufenthV zur Anwendung.

Erklärung:

■ Das SDÜ regelt das Reiserecht für einen Drittstaatsangehörigen, der Inhaber eines Aufenthaltstitels eines Schengen-Vollanwenderstaates ist (Art. 21 I). Beim Überschreiten der Binnengrenzen und beim eigentlichen Aufenthalt im übrigen Schengen-Gebiet muss der AT-Inhaber die jeweiligen Einreisevoraussetzungen des Art. 21 SDÜ erfüllen. Die Einreisevoraussetzungen sind im SGK niedergeschrieben (Art. 6 SGK).

■ Der SGK kommt hier (nur) mittelbar zur Anwendung, da er primär das Überschreiten der Außengrenzen durch Personen regelt. Unter anderem sind hier die Einreisevoraussetzungen an den Außengrenzen geregelt. Wie oben beim Punkt SDÜ schon erwähnt, muss der jeweilige Drittstaatsangehörige die in den Reiserechten genannten Einreisevoraussetzungen des Art. 6 SGK erfüllen.

Lösungsvorschlag

Vorrangig ist hier das SDÜ und mittelbar der SGK anzuwenden. Ergänzend kommen das AufenthG und die AufenthV zur Anwendung.

Der Punkt 1 [Herausarbeiten der anzuwendenden Rechtsnormen] ist nun komplett bearbeitet. Hier noch einmal der komplette Lösungsvorschlag:

1.1 Statusprüfung der Person

Es handelt sich um einen algerischen Staatsangehörigen. T ist kein Deutscher i. S. d. Art. 116 I GG und somit Ausländer i. S. d. § 2 I AufenthG.

Der T ist weder EU-/EWR-Bürger noch Schweizer und es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass er Familienangehöriger eines EU-/EWR-Bürgers oder Schweizers ist, der sein Freizügigkeitsrecht in Anspruch nimmt. Somit hat er kein Recht auf freien Personenverkehr gem. Art. 2 Nr. 5 SGK. Somit ist er Drittstaatsangehöriger gem. Art. 2 Nr. 6 SGK.

1.2 Grenze

Deutschland und Polen sind beide Schengen-Staaten. Folglich handelt es sich hier um eine Schengen-Binnengrenze gem. Art. 2 Nr. 1a SGK. Die Person wird im 30 km-Bereich kontrolliert. Somit ist die Person mit dem Überschreiten der Grenzlinie gem. § 13 II S. 3 AufenthG vollendet eingereist.

1.3 Beabsichtigte Dauer und Zweck des Aufenthalts

Voraufenthaltszeiten sind bei T laut Sachverhalt nicht erkennbar. Die Person möchte für drei Tage seinen Bruder in Berlin besuchen. Der T ist Inhaber eines schengenwirksamen Aufenthaltstitels von Italien. Der T lebt bereits dauerhaft in Italien, einem Schengen-Vollanwenderstaat. Somit handelt es sich um einen längerfristigen Aufenthalt im Schengen-Gebiet, aber um einen Kurzaufenthalt17 in Deutschland.

1.4 Anzuwendende Rechtsnormen nennen

Vorrangig ist hier das SDÜ und mittelbar der SGK anzuwenden. Ergänzend kommen das AufenthG und die AufenthV zur Anwendung.

Kommen wir nun zum Punkt 2 [Prüfung der Voraussetzungen der einschlägigen ausländerrechtlichen Normen].

2. Prüfung der Voraussetzungen der einschlägigen ausländerrechtlichen Normen

Was müssen Sie hier prüfen [Hilfsfragen]?

Je nach Fallkonstellation müssen hier (in der Regel)

■ entweder die Voraussetzungen für die Einreise (insb. Art. 6 SGK) und/oder

■ die Voraussetzungen für den Aufenthalt geprüft werden (hier sind insb. die Art. 19 bis 21 SDÜ zu beachten).

Art. 21 I SDÜ beinhaltet (nur) eines der verschiedenen Reiserechte – hier ein Überblick:


Art. 19 SDÜ Reiserecht für Negativstaater Art. 20 SDÜ Reiserecht für Positivstaater Art. 21 SDÜ Reiserecht für AT-Inhaber18 und D-Visa-Inhaber
Adressat:Staatsangehörige im Anhang 1 der EUVisaVO als Inhaber eines einheitlichen Sichtvermerkes (Visum C oder C-Transit), also:■ DrittstaatsangehörigerSichtvermerkspflichtigInhaber eines einheitlichen Sichtvermerks (C-Visum oder C-Transit) Adressat:Staatsangehörige im Anhang 2 der EUVisaVO für einen beabsichtigten Kurzaufenthalt (max. 90 Tage innerhalb eines Zeitraumes von 180 Tagen), also:■ DrittstaatsangehörigerSichtvermerksfreiKurzaufenthalt im Schengen-Gebiet Adressat:Inhaber eines Aufenthaltstitels eines Schengen-Vollanwenderstaates oder Inhaber eines nationalen D-Visums (s. dazu Art. 18 SDÜ), also:■ DrittstaatsangehörigerInhaber eines Schengen-AT bzw. D-VisumsKurzaufenthalt in den anderen Schengen-Staaten
Reiserecht bei Erfüllung der Voraussetzungen des Art. 6 I SGK – Buchstaben:
a) gültiges Reisedokumenta) gültiges Reisedokumenta) gültiges Reisedokument
c) Nachweis des Aufenthaltszweckes und der erforderlichen finanziellen Mittelc) Nachweis des Aufenthaltszweckes und der erforderlichen finanziellen Mittelc) Nachweis des Aufenthaltszweckes und der erforderlichen finanziellen Mittel
d) Keine Ausschreibung im SIS zur Einreiseverweigerungd) Keine Ausschreibung im SIS zur Einreiseverweigerung
e) Keine Gefahr oder nationale Ausschreibunge) Keine Gefahr oder nationale Ausschreibunge) Keine Gefahr oder nationale Ausschreibung

Der algerische Staatsangehörige könnte sich auf das Reiserecht nach Art. 21 I SDÜ stützen.

Art. 21 SDÜ

(1) Drittausländer, die Inhaber eines gültigen, von einem der Mitgliedstaaten ausgestellten Aufenthaltstitels sind, können sich aufgrund dieses Dokuments und eines gültigen Reisedokuments bis zu 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen frei im Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedstaaten bewegen, sofern sie die in Artikel 5 [gemeint ist damit Art. 6 SGK – Anmerkung durch die Verfasser] Absatz 1 Buchstaben a, c und e der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex) aufgeführten Einreisevoraussetzungen erfüllen und nicht auf der nationalen Ausschreibungsliste des betroffenen Mitgliedstaats stehen. […]

Zu prüfende Voraussetzungen des Art. 21 SDÜ I im Überblick:

1 Drittstaatsangehöriger

2 Inhaber eines Aufenthaltstitels eines Schengen-Vollanwenderstaates oder Inhaber eines nationalen D-Visums

3 Geplanter Kurzaufenthalt in den anderen Schengen-Staaten (max. 90 Tage innerhalb eines Zeitraumes von 180 Tagen)

4 Gültiges Reisedokument (Art. 6 I a SGK)

5 Nachweis des Aufenthaltszweckes und der erforderlichen finanziellen Mittel (Art. 6 I c SGK)

6 Keine Gefahr oder nationale Ausschreibung

Folgende Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit sich die Person auf das Reiserecht nach Art. 21 SDÜ stützen kann.

1. Drittstaatsangehöriger

Wie oben (Punkt 1.1) bereits geprüft, handelt es sich um einen Drittstaatsangehörigen.

2. Inhaber eines Aufenthaltstitels eines Schengen-Vollanwenderstaates oder Inhaber eines nationalen D-Visums

Laut Sachverhalt kann die Person einen schengenwirksamen italienischen Aufenthaltstitel vorweisen, der noch bis Mitte nächsten Jahres gültig ist. Italien ist Schengen-Vollanwenderstaat und somit Mitgliedstaat i. S. v. Art. 21 SDÜ.

3. Geplanter Kurzaufenthalt in den anderen Schengen-Staaten (max. 90 Tage innerhalb eines Zeitraumes von 180 Tagen)

Die Person möchte laut Sachverhalt für drei Tage seinen Bruder in Berlin besuchen. Er überschreitet damit nicht die zeitliche Grenze von 90 Tagen innerhalb von 180 Tagen i. S. d. Art. 21 SDÜ.

4. Prüfung der Voraussetzungen des Art. 6 I SGK

Art. 6 I a SGK: Gültiges Reisedokument

  Die Person verfügt laut Sachverhalt über einen gültigen und i. S. d. § 3 I AufenthG anerkannten algerischen Reisepass, der vor fünf Jahren ausgestellt wurde und noch fünf Jahre gültig ist. Somit ist die Voraussetzung gem. Art. 6 I a SGK erfüllt.

Art. 6 I c SGK: Nachweis Aufenthaltszweck und der erforderlichen finanziellen Mittel

  Die Person möchte für drei Tage seinen Bruder in Berlin besuchen. Er überschreitet damit nicht die zeitliche Grenze von 90 Tagen innerhalb von 180 Tagen i. S. d. Art. 21 SDÜ. Der Zweck des Besuchs steht im Einklang mit dem Regelungsinhalt des Art. 21 SDÜ. Laut Sachverhalt verfügt er über ausreichende finanzielle Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts. Die Voraussetzung des Art. 6 I c SGK ist somit erfüllt.

Art. 6 I e SGK: Keine Gefahr oder nationale Ausschreibung

  Eine Gefahr i. S. d. Art. 6 I e SGK ist nicht ersichtlich. Die fahndungsmäßige Überprüfung ergab keine nationale Ausschreibung. Somit ist auch diese Voraussetzung gegeben.

Ergebnis

Der T erfüllt die Voraussetzungen für den Aufenthalt i. S. d. Art. 21 SDÜ.

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120 p. 35 illustrations
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