Die 7 Pforten des Geistes

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Die 7 Pforten des Geistes
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Copyright © 2012 by Akron Edition GmbH.

Akron Edition GmbH, Ruhberg 20, CH - 9000 St. Gallen

www.akron.de

Layout, Satz- und Umschlaggestaltung:

Medienagentur Holger Kliemannel

gestaltung@roterdrache.org

Titelbildmotiv: Patricia Cooney

Illustrationen: Patricia Cooney

1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2013

Alle Rechte vorbehalten.

Kein Teil dieses Buches darf in irgendeiner Form (auch auszugsweise) ohne die schriftliche Genehmigung des Verlags reproduziert, vervielfältigt oder verbreitet werden.

ISBN 9783905372496

Inhaltsverzeichnis

Cover

Titel

Einleitung

Impressum

Die Sieben Pforten des Geistes 1. Welt

Die Modelle der Realität

Gespräche mit dem alten Magus

Die Relativität unserer Modelle

a) Allgemeine Fragen zur Weltanschauung

b) Spezielle Fragen zu den „höheren“ Erkenntnissen hinter den menschlichen Modellen

Die Sieben Pforten des Geistes 2. Zeit

Die psychische Abspeicherung von Zeit

Gespräche mit dem alten Magus

Ist die Zeit aus der Sicht des Geistes eine Illusion?

a) Allgemeine Fragen und ein Fallbeispiel zum Thema Zeit

b) Magische Praktiken – Praktische Veränderungen durch Eingriffe in unsere psychische Abspeicherung von Zeit

Die Sieben Pforten des Geistes 3. Traum

Die gegenseitige Durchdringung von Traum und Realität

Gespräche mit dem alten Magus

Kann der Mensch seinen Körper verlassen?

a) Allgemeine Fragen zu Träumen oder traumähnlichen Bewusstseinszuständen

b) Erlebnisbericht vom Juni 1984

Die Sieben Pforten des Geistes 4. Chaos

Körperliche und seelische Erkrankungen

Gespräche mit dem alten Magus

Sind Krankheiten Auswirkungen seelischer Zustände?

a) Allgemeine Fragen zu körperlichen und seelischen Erkrankungen

b) Magische Absichten

Die Sieben Pforten des Geistes 5. Dämonen

Traumatische Persönlichkeitsabspaltungen

Gespräche mit dem alten Magus

Sind Dämonen die energetische Beseelung psychischer Krankheiten?

a) Allgemeine Fragen zu den traumatischen Persönlichkeitsabspaltungen

b) Erinnerungen an die Geburt eines Kinddämons

c) Der Fluch der Ahnen

d) Weitere Beispiele zum Thema „Familiendämon“

e) Krebs als energetische Beseelung eines ungelösten Problems

Die Sieben Pforten des Geistes 6. Avalon

Engel und andere höhere Wesenheiten

Gespräche mit dem alten Magus

Gibt es höhere Entitäten?

a) Allgemeine Fragen zu anderen Wesenheiten

b) Weiterführende Gedanken zu Techniken wie Persönlichkeitsübertragungen oder Energietransfer

Die Sieben Pforten des Geistes 7. Mensch

Das Geheimnis des Lebens

Das „Schwarzwälder Kirschtorten“-Modell

Gespräche mit dem alten Magus

Was ist mit anderen Bewusstseinsebenen?

a) Das Tortenmodell – eine Zusammenfassung

b) Weiterführende Gedanken zur Begegnung mit anderen Ebenen

c) Raumsprünge durch andere Dimensionen

Die Letzte Pforte zu sich selbst: ∞ Der Magus

Das Ende ist der Anfang

Dialog mit dem inneren Wächter

Das Echo aus einer verborgenen Welt

Einleitung

Diese Notizen sind kein Ratgeber im üblichen Sinn. Sie sind auch nicht für Menschen bestimmt, die nach der Wahrheit suchen, ohne sich selbst in Frage zu stellen. Und genauso helfen sie keinem, der sich wie ein Jäger auf die Suche nach Erkenntnis begibt und dabei jede Lektüre verschlingt, die ihm einen neuen Wissensansatz verspricht. Als geistiger Sprengsatz für alle Formen „überlieferten“ Wissens räumen diese Denkansätze mit dem Glauben auf, dass es für das Individuum auf seiner Suche ein Ziel oder eine gesicherte Erkenntnis gäbe außer der Vielfalt anerzogener Bilder und Vorgaben, die ihm seine eigenen Vorstellungen suggerieren. Schließlich sind wir nicht, was wir zu sein glauben. Jeder glaubt, er wäre das, was ihn von anderen unterscheidet – was ihm als persönliches Selbstbild von seiner Umgebung aufgedrückt worden ist. Dabei ist das, was wir in der Umwelt ausdrücken, nur ein Ausschnitt unserer selbst. Denn: Die Suche nach Wahrheit ist mit den Werkzeugen des dualen Denkens nicht zu bewältigen – das Hindernis, das uns alle Ziele verbaut, sitzt in der Dualität unseres materiellen Denkens selbst. Deshalb lautet die magische Frage, die sich uns stellt: Wie werde ich mir bewusst, was ich gezwungen bin, zu sein?

Erst wenn ich das herausgefunden habe, weiß ich, wer ich bin!

Blicken wir nach vorn: Mit fortschreitender Entwicklung und zunehmender Vernetzung unserer Kommunikationsfelder wächst die Zahl der Menschen, welche die überlieferten Werte immer stärker hinterfragen. Dabei ist es vielen nicht mehr möglich, sich ausschließlich mit den Zielen unserer Wissensgesellschaft oder dem Leben in digitalen Informationswelten zu identifizieren, und das macht sie zu Außenseitern, denn sie sind sich zu sehr darüber bewusst, wer sie sind: überindividuelle Wesen, die auch in anderen Realitäten und Dimensionen existieren. Allmählich dämmert uns die Wahrheit: Das Ich, das wir kennen, ist nur ein schmaler Ausschnitt unseres „Seins“, das wir auf der Bühne unserer Persönlichkeit zum Ausdruck bringen können. Das bedeutet, dass jeder von uns Zugang zu seinen verborgenen, tieferen Seelenschichten hat, die ihn dazu inspirieren, die Abschrankungen unserer dreidimensionalen Realität zu überwinden. Deshalb geht es hier weniger darum, unsere Haltung, wie wir die Welt wahrnehmen, aufzugeben, sondern es geht einzig darum, unsere „Lebensbühne“ zu erweitern. Und es geht darum, unsere Sicht, die Welt wahrzunehmen, auch nach innen zu richten, wenn wir wirklich verstehen wollen, wer wir sind.

Aus diesem Grund ist es auch kein Ziel, die Modelle unserer Gesellschaft anzugreifen, der Sinn liegt darin, Alternativen aufzuzeigen für Individuen, die sich mit den Zielen unserer Gesellschaft nicht identifizieren bzw. sich in die verfügbaren Rollenbilder nicht integrieren können: Menschen also, die sich nicht mit den üblichen Klischees wie Familie, Karriere oder sozialer Wohlstand zufriedengeben, sondern sich mit der Frage auseinandersetzen, was das Leben außerhalb der anerzogenen Werte sinnvoll macht. Und warum es oftmals auch gefährlich sein kann, einen solchen Standpunkt einzunehmen. Vielleicht erkennen wir dann auch die Notwendigkeit, die illusionären Bilder unserer Gesellschaft aufrechtzuerhalten, denn sonst würde alles zusammenfallen und das mündete in die ehrliche Erkenntnis: „Nur wer die Grundlagen unserer materiellen Modelle kennt, findet auch die Antworten, die ihm helfen, sich zum gegebenen Zeitpunkt aus diesem kollektiven Netzwerk wieder befreien zu können.“

 

Es gibt keinen anderen Weg: Zur Überwindung unserer dualen Denkstrukturen müssen wir bei ebendiesen anerlernten kollektiven Gesellschaftswerten ansetzen, denn wir brauchen ein Fundament, auf dem sich der Ausgangspunkt zu unserer Nachtmeerfahrt platzieren lässt. Von hier aus brechen wir nach innen auf, denn so, wie unsere domestizierten Sinne uns helfen, unser selbst geschaffenes Weltbild wahrnehmen zu können, so unterstützen uns unsere inneren Empfindungen, in die tieferen Bereiche unserer Sehnsüchte einzutauchen. Durch den Standpunktwechsel unseres inneren Beobachters können wir in die Tiefe pirschen, denn erst wenn wir unter unsere Bewusstseinsschwellen dringen, können wir feststellen, dass wir auf mehreren Ebenen gleichzeitig zuhause sind. Unterhalb der Träume bewegen wir uns in Erlebnisräumen, die so unermesslich anders sind, dass dieses Wissen, käme es an die Oberfläche, unsere materielle Welt gefährden würde. Deshalb ist es auch nachvollziehbar, dass es den normalen Menschen unter dem Deckel des Unbewussten verschlossen bleiben muss, solange sie sich nicht mit den Grundlagen ihrer Weltbilder auseinandersetzen können, denn alle geistigen Erkenntnisse zeigen immer nur auf die Prägewerkzeuge des Denkens zurück: „Im Wissen inszeniert sich das Denken in der menschlichen Form!“

Der abstrakte Denker gibt sich damit jedoch nicht zufrieden. Es geht ihm darum, sich mit diesem unbekannten unendlichen Wesensteil in sich wieder zu verbinden, der unabhängig von jeder sozialen Kultur durch alle Schichten seiner überpersönlichen Wesensnatur hindurchreicht. Da dieses innerste Sein seinen Selbstwert nicht aus den uns anerzogenen Bildern bezieht, verändert es sich auch nicht, wenn die Welt sich (weiter-)dreht. Es ist selbst Teil jeder Veränderung und sprengt jedes persönliche Selbstwahrnehmungsbild, denn es verkörpert eine Art überindividualisiertes, mehrdimensionales Bewusstsein. Mit einem Wort: Ewigkeit ist das Ziel! Das hat für jeden Suchenden seinen Preis: Er muss sich selbst ändern, wenn er seinen Blickwinkel verändern will, er muss sich selbst ausbreiten, um alle seine unsichtbaren Persönlichkeitsteile wieder in sich zu vereinen und mit einzubeziehen in die Realität, die er zuerst in ihrer ganzen Fülle verstehen muss, damit er sie am Ende mit gereinigtem Geist und ohne seelische Rückstände verlassen kann.


St. Gallen, am Ruhberg 20

Am Ende des Jahres 2010


Die Sieben Pforten des Geistes
1. Welt
Die Modelle der Realität

Zunächst geht es hier um die Frage, was unsere Welt für jeden Einzelnen ausmacht: Ist die Welt wirklich das, was sie für uns zu sein scheint? Oder ist sie nur das Resultat unserer kollektiven Vorstellung, die Essenz der gerade herrschenden gesellschaftlichen Meinung, die wir uns gegenseitig suggerieren und die wir mit allen anderen teilen?

Denken wir uns in unsere Kindheit zurück: Ist es nicht so, dass uns Vater und Mutter zum ersten Mal erklärten, wie die Welt war, wie wir sie wahrzunehmen hatten, und plötzlich entpuppte sich der geheimnisvoll schillernde Lichtfunke als ein ganz gewöhnlicher Glasaschenbecher, den Vater benutzte, um seine Zigarette darin auszudrücken. Die ganze magische Zauberwelt wurde in den nächsten Jahren auf ihre Funktionalität reduziert, d.h. jedes Ding verlor seinen Glanz in der märchenhaften Atmosphäre, die wir als Kinder wahrnahmen, und schrumpfte auf die Funktion, die ihnen von den Erwachsenen zugeordnet wurde. Und so wuchsen wir langsam in die normale überlieferte Welt der Menschen hinein, und je mehr wir die Älteren davon überzeugen konnten, dass wir die Welt genauso sahen wie sie, desto mehr durften wir ihren Applaus und ihre Anerkennung in Anspruch nehmen. Als wir älter wurden, übertrugen uns die Erwachsenen ihre religiösen Bilder. Man klärte uns darüber auf, wie die Welt entstanden war und was es mit den Zielen und dem Sinn des Menschseins auf sich hatte. Da unsere kindliche „Festplatte“ ja noch unberührt war, waren wir dankbar, die ersten Begriffe zu erhalten, mit denen wir die Außenwelt nach unseren anerzogenen Vorstellungen erkunden und wahrnehmen konnten. Da das überlieferte Konzept meist auch der einzige Maßstab war, wie wir die Welt da draußen erleben konnten, besaß diese Lernerfahrung oder Lektion zusätzlich den überaus nützlichen Nebeneffekt, nämlich dass sich uns die Welt immer gerade so zeigte, wie wir sie wahrzunehmen gelernt hatten. Dass es dabei gar keine Möglichkeit gab, die Welt anders zu betrachten, konnten wir zu diesem frühen Zeitpunkt ja noch nicht erahnen. Andererseits können wir aus unserer heutigen Sicht erfahren, wieso es so unheimlich schwierig ist, die familiären oder religiösen Frühabspeicherungen zu verändern, denn sie sind so tief in uns verankert, dass wir sie wie den berühmten blinden Fleck gar nicht erkennen können.

Was können wir erkennen?

Deshalb ist es auch wichtig zu beachten, dass unsere anerzogene Wahrnehmung immerhin ein Konstrukt ist, das uns unser gesellschaftliches Nebeneinander sichert. In einer übervölkerten, hochdifferenzierten Welt, die alle natürlichen Ressourcen längst hinter sich gelassen hat, ist gesundes, natürliches Überleben schon lange nicht mehr möglich. Unser Wirtschaftssystem ist ein wucherndes Krebsgeschwür, das sich nur dadurch im Gleichgewicht halten kann, weil es ständig wächst. Unsere komplexe Gesellschaft könnte ohne künstliche Bedürfnisse das Bruttosozialprodukt gar nicht mehr erwirtschaften, um den Lebensstandard ihrer Konsumenten zu sichern. Die Welt stünde mit einem Schlag still, wenn wir auch nur einen Moment die Stellung der Banken, der Geldsysteme oder die Funktionen der menschlichen Bilder und Vorstellungen nicht akzeptierten. Stellten wir die eigenen Grundlagen in Frage, auf denen wir stehen, verlören wir den Boden, auf dem wir unsere Existenz abstützen können: Die Welt verflösse vor unseren Augen oder zerfiele wie ein vertrocknetes Kuchenstück.

Andererseits sind Krisen immer auch ein notwendiger Teil der Entwicklung. Es ist das Sichtbarwerden eines Prozesses, der im Menschen selbst liegt und den man mit Angst und Gier umschreiben könnte. Die internationalen Verknüpfungen im Internet-Zeitalter haben das Ganze weiter beschleunigt, und es ist auch nicht die Aufgabe des Menschen, daraus zu lernen. Das – so zynisch es klingt – würde den Fortschritt hemmen. Das menschliche Wachstum lag noch nie im Zurückbuchstabieren oder in der Umkehr, der Rückkehr, sondern darin, dass es in den Lösungen von heute die Probleme von morgen schafft, die dann wiederum nach Lösungen von übermorgen verlangen. Das ist wichtig zu wissen, wenn wir der Zukunft gelassen ins Auge blicken wollen: Es gibt nie ein Paradies, das wir finden können, oder eine Erlösung, die uns glücklich macht. Es gibt stets nur Ziele, die uns die Illusion verkörpern, dass wir eines Tages glücklich werden würden, wenn wir sie erreichen könnten. Umgekehrt ist es aber so, dass diese Ziele gerade deshalb nicht erreicht werden können, weil glückliche Menschen nicht bereit sind, die gesellschaftlichen Vorgaben nach immerwährendem Wachstum zu erfüllen. Denn sobald der Mensch aufhören würde, wachsen zu wollen, bräche alles zusammen. Das bedeutet: Wir müssen uns auf ein Paradies ausrichten, das wir ständig zu erreichen suchen, ohne zu merken, dass es das Ende unserer Entwicklung wäre, wenn wir dieses Paradies wirklich erreichen würden.

Die unterschwelligen Mechanismen unserer gesellschaftlichen Modelle

Deshalb müssen wir erkennen, dass die Errungenschaften, die uns die Lebensgrundlagen schaffen, erhalten und verbessern, dieselben sind, die auch ebendiese untergraben und zerstören. Man sagt, dass alle Krisen von Menschen ausgelöst werden, aber das ist nicht ganz präzise: Krisen werden von den Inhalten und Systemen, die sich Menschen gegenseitig beibringen, ausgelöst, wenn sie sich in der Welt verwirklichen wollen. Selbsternannte Lehrer und Polizisten erkennen deshalb oft nicht, dass sie im Bestreben, Unrecht zu verhindern und zu sühnen, Unrecht und die Voraussetzungen für weiteres Unrecht schaffen. Indem sie gegen das so genannte Böse mit allen Mitteln vorgehen, verfolgen sie anstelle ihres eigenen, unerkannten Bösen „das Böse im anderen“. Damit erklimmen sie den Gipfel unbewusster Selbstverstrickung: Der Schatten versteckt sich vor sich selbst, indem er sich in der Vernichtung seiner eigenen Projektionen im Bild der anderen von seiner „verkehrten“ Lösung überzeugt. Denn es ist immer das menschliche Ringen, das, in den Fesseln der Materie liegend, nach Freiheit und Vollkommenheit strebt und dabei doch meistens in jenem tief greifenden Zustand des Ungleichgewichts endet, den unsere religiöse Tradition „Hölle“ zu nennen beliebt.

Trotzdem sind Modelle nicht nur nützlich, sondern sie sind das einzige Mittel, unserer subjektiven Blindheit eine objektive Kurzsichtigkeit entgegenzusetzen, und das ist auf dem Weg des Wissens nicht nur der erste, sondern auch der wichtigste Schritt. Wir können uns nur über das Denken ergründen, da wir aber die Welt nur so sehen, wie wir sie über das Denken erleben, müssen wir uns zuerst ein Bild über unser Denken machen – und dazu brauchen wir Modelle. Im Grunde sind Modelle dazu da, unsere Gedanken um einen Fokus zu bündeln, sodass wir im Austausch mit anderen eine gemeinsame Grundlage haben, darüber zu philosophieren. Wenn wir schlau wären, müssten wir eigentlich erkennen, dass Wahrheit mit denkerischen Mitteln gar nicht zu erzwingen ist, denn im Denken erkennt sich immer nur das Denken, also das, was wir als Maßstab dazu erkoren haben, sich selbst auszumessen. Wenn wir das beherzigen, dann können wir die Modelle dazu benutzen, um unsere Psyche zu erforschen, aber nicht, indem wir die Wahrheit erkennen, sondern indem wir uns unserer individuellen Modell-Fixierung bewusst werden, wie wir uns – was bleibt uns auch anderes übrig – an die kollektive Beschreibung der Welt anpassen.

Selbstzerstörerisches Handeln als Weg der Entwicklung

Fassen wir zusammen: Wir Menschen sind Wesen, die sich nur über schmerzhafte Erfahrungen entwickeln, und ein gütiger Geist hat uns die Gabe mitgegeben, dass wir trotzdem wachsen, ganz egal, wie schmerzhaft der Verlust oder wie groß die Katastrophe ist. Nur wenn ein arglistiger Dämon uns überreden würde, herauszufinden, auf welchen materiellen und geistigen Grundlagen wir wirklich stünden, müsste das Ganze zusammenbrechen, denn wir suhlen uns im kollektiven Wahn in einem Haufen virtueller Scheiße. Wir sind mit den ganzen Systemen und Modellen so hoffnungslos verschmolzen, dass wir untergehen würden, wenn wir sie auch nur einen Augenblick in Frage stellten, und deshalb lassen wir es auch gar nicht zu. Damit das Ganze funktionieren kann, sind wir gezwungen, zu lügen. Wir müssen so tun, als ob wir das alles gar nicht wüssten, damit der Motor nicht ins Stottern kommt. Das Beste an der menschlichen Entwicklung ist der Umstand, dass sich die Szenerien immer wieder selbst aussteuern. Deshalb ist sogar das selbstzerstörerischste Handeln aus der Sicht des Ganzen letzten Endes nicht nur ein Scheitern, sondern immer auch ein Weg, der die Menschheit vorwärts treibt.

Gespräche mit dem alten Magus
Die Relativität unserer Modelle
a) Allgemeine Fragen zur Weltanschauung

Was ist für dich Magie oder der tiefere Sinn des Lebens? Das Ziel, das für die geistige Entwicklung des Menschen wichtig ist?

Für mich ist Magie der Versuch, die Grenzen, die uns unser anerzogenes Weltbild auferlegt, zu sprengen. Der tiefere Sinn im Leben liegt darin, die Voraussetzungen zu untersuchen, die uns zwingen, uns ständig innerhalb der Grenzen unseres Bewusstseinsinventars aufhalten zu müssen. Mit einem Wort: Es geht darum, die Realität zu überwinden, um zumindest ein bisschen über den Tellerrand hinausschauen zu können, der das Weltbild umfasst, das man uns „eingelöffelt“ hat …

… die Realität überwinden? Was bedeutet aus magischer Sicht „Realität“?

Realität ist ein zweischneidiges Schwert: Auf der einen Seite ist es ein notwendiges Instrument für das mehr oder weniger friedliche Nebeneinander der Massen, auf der anderen ist es eine Art Gefängnis, in dem wir uns gegenseitig gefangen halten. Wir haben uns dieses Gefängnis selbst erschaffen, um uns ein System zu ermöglichen, in dem wir uns gegenseitig austauschen und gleichzeitig von den Ängsten und Irritationen unseres Unbewussten schützen können. Man könnte auch sagen, Realität ist die oberste Schicht einer „Schwarzwäldertorte“, wie wir später noch sehen werden1, welche die soziale Prägung unserer Zivilisation beinhaltet. Diese ist nur ein dünner Zuckerguss auf der Pyramide der menschlichen Evolution, und ohne sie käme sofort wieder die Instinktnatur im Menschen zum Vorschein, die Anarchie oder das Recht des Stärkeren, wie es der Zusammenbruch der Ordnung in den Städten zeigt, wenn die Gesetze durch Naturkatastrophen wie Erdbeben oder Wasserfluten einen Moment außer Kraft gesetzt werden.

 

So ist das, was die menschliche Gesellschaft schützt, zugleich auch das, was die Entwicklung des Individuums behindert?

Die Evolution ist ein gnadenloser Aussteuerungsprozess und hat nicht das spirituelle Ziel des Erleuchteten, sondern immer die direkteste Lösung für die Entwicklung des Ganzen vor Augen. Deshalb sollte man die Realität auch nicht aus der Sicht des einzelnen Individuums, sondern immer aus der Gesamtsicht der betreffenden Massen oder Völkerstämme betrachten.

Und wer hat diese Realität geschaffen?

Ohne es zu merken – wir selbst! Wir selbst haben uns unsere materiellen Bedingungen aufgrund unserer Sinneswahrnehmungen erschaffen, die uns den Rahmen vorgaben, das Äußere zu erfassen – das ist ein jahrtausende alter Balance- und Entwicklungsakt, der sich immer weiter fortsetzt. Umgekehrt wirkt auch das, was wir im Äußeren erschaffen haben, auf unsere Sinneswahrnehmungen ein – wir erkennen das an den eigenen Götzenbildern, die plötzlich ein kollektives morphisches Feld besetzen und von Menschen an der Macht im jeweiligen Sinne benutzt werden können.

Dann war der Akt, unsere Realität zu erschaffen, sozusagen der Urahne jeder menschlichen Magie?

Ja. Unser Ego ist die Materialisation dessen, war wir zu sein denken, und die Realität ist, wenn auch nicht die gemeinsame Schöpfung, so zumindest die kollektive Aufrechterhaltung einer überlieferten Kultur, die wir ständig an den Zeitgeist anpassen. Wir sind zwar nicht die Schöpfer des Universums, aber wir sind alle die Schöpfer unserer persönlichen Welt, die mit der kollektiven Welt, wie sie uns eingelöffelt wurde, in untrennbarer Verbindung ist.

Kann man dieser dualen Realität nicht auch wieder entwischen?

Im Grunde genommen schon, denn keine Handlung ist in Stein gemeißelt – Abläufe verändern sich ständig und jede Veränderung wirkt sich wiederum auf das betreffende Handeln aus. Allerdings sind es nur wenige, die den Absprung schaffen, weil sie nicht wissen, wohin sie fliehen sollen – weil sie sich ihr verpflichtet fühlen und sie zur Grundlage ihres Seins gemacht haben. Wir drehen uns im Kreise, weil wir nicht gelernt haben, an welcher Stelle wir das Karussell verlassen können. Nur der geistig experimentierende Mensch kann der Banalität des Alltags entkommen, wenn er lernt, den inneren Dialog durch bewusste Gedankenleere abzuschalten und den Fluss der Gedanken zu unterbrechen, der ihn zwingt, die Welt in den ihm aufoktroyierten Mustern beständig wahrzunehmen – zumindest solange er sich im Zustand seiner Gedankenstille oder ähnlicher Bewusstseinsräume aufhält.

Demnach kann Realität keine objektive Wirklichkeit sein?

Realität ist die objektivste Wirklichkeit, die sich das Individuum „nach seinem Bilde“ schaffen kann. Der heranwachsende Mensch, der die Welt durch sein noch leeres Bewusstsein betrachtet, lernt schnell, die kollektiven Inhalte der Alten in seiner Umgebung so zu platzieren, dass er daraus gegenüber seiner Umwelt einen möglichst großen Vorteil herausziehen kann.

Wenn ich dich richtig verstehe, so würde sich das Tun der Menschen darin erschöpfen, ihre eigene, anerzogene Wirklichkeit zu verwalten?

Sie verwalten sie nicht nur, sie entwickeln sie auch, zumindest innerhalb der Bedingungen der ihnen vorgegebenen Strukturen. Der genormte Mensch hat allerdings nur wenige Möglichkeiten, auf diese kollektiven Muster individuell einzuwirken, weil diese Ströme ein solches Ausmaß an gesellschaftlicher Gewalt mitführen, dass sie alles hinwegspülen, was sich ihnen entgegenstellt.

Doch was treibt uns vorwärts? Was sucht sich durch uns zu erreichen, damit sich unser Schicksal erfüllen kann?

Auf den ersten Blick sind es die äußeren Ziele, die uns antreiben – aber dahinter wirkt eine unsichtbare Kraft, die immer bestrebt ist, das innere Ungleichgewicht auszubalancieren, das uns beseelt. Es hat seinen Ursprung in unseren sozialen Modellen und familiären Prägungen2. Wir sind innerlich nicht frei – alle unsere äußeren Ziele sind der ständige Versuch, das innere Manko durch einen entsprechenden äußeren Akt wieder in ein Gleichgewicht zu bringen. Wir können uns aber entwickeln, wenn wir mutig vorwärts gehen, die Zusammenhänge erkennen, Verantwortung übernehmen und wissen, dass das, was wir tun, wenn auch nicht immer gut, so immer das Beste ist, zumindest aus unserer Sicht.

Was ist mit unseren gesellschaftlichen Zielen? Sind sie falsch?

Sie sind nur falsch, wenn wir glauben, dass sie richtig sind. Die gesellschaftlichen Werte spiegeln das Spiel der Menschen wider, die sich gewisse Spielregeln aufstellen, damit sie etwas haben, mit dem sie sich im Leben auseinandersetzen können. Die gesellschaftlichen Werte sind nichts anderes als ein kollektives „Selbstbeschäftigungsprogramm“, damit die Menschen ihre anarchistischen Grundlagen auf einer kontrollierten Bühne ausleben können.

Wozu dann der Stress, der Krieg und die ewige Unruhe in der Welt?

Wegen unserer engen, dualen Sicht. Niemand führt Krieg um des Krieges willen, nein, Krieg führt man nur deswegen, weil der andere stets im Unrecht ist und man ihn von den eigenen, berechtigten Forderungen überzeugen will. Will man die eigenen Forderungen erzwingen, muss man sich des Krieges bedienen, was natürlich nie im eigenen Unrecht, sondern immer in der Uneinsicht der anderen liegt. Die universale Energie ist eine unpersönliche Kraft, weder gut noch böse. Sie wird erst durch die Muster unseres Bewusstseins „weiß“ oder „schwarz“. Die Unterscheidungen passieren folglich im Gehirn, im Denken. Die einseitig negativen Schilderungen der negativen Kräfte spiegeln nichts anderes als die Angst der Menschen vor ihren unbewussten, eigenen Dämonen. Die Welt ist ein Spiegel, in dem wir in allen anderen unsere eigenen Dämonen erkennen, für die wir bei uns selbst blind sind.


Blind? Das Böse existiert doch in der Welt – oder?

Ja, aber nur, weil wir die Zusammenhänge des Bösen gar nicht kennen. Das „Böse“ setzt sich meistens aus einer Vielzahl von negativen Erfahrungen zusammen, die sich wiederum aus persönlichen Enttäuschungen nähren. Die Enttäuschungen wurzeln, wie gesagt, auf negativen Erfahrungen, bei denen man nur die Fehler der anderen, nicht aber die eigenen Erwartungen sieht.

Du meinst, wir sehen unsere Fehler meistens beim anderen?

In der Regel ist das so!

Das klingt nicht gut! Wo findet sich ein Lösungsansatz?

Wir dürfen die Lösung nicht von außen erwarten, sondern müssen sie in uns selbst finden. Es geht immer darum, unabhängig vom eigenen Standpunkt einen Bezugspunkt in uns selbst zu schaffen, der uns die Möglichkeit gibt, unser eigenes Verhalten von außen zu beobachten. Dann erkennen wir schnell, dass es im Grunde gar keiner Lösung bedarf.

Wieso braucht es keine Lösung?

Weil wir stets Teil der Lösung sind! Das Problem ist immer nur der Schatten der Erkenntnis: Wir sehen stets unsere eigene Perspektive, den Punkt, von dem aus wir unsere Probleme kreieren, denn aus der Sicht des Ganzen existiert unser Problem gar nicht …

Wo existiert das Problem dann?

Nirgends. Jeder Fehler ist nur eine Art Rückseite der Erkenntnis, und der Sinn liegt darin, nicht auf der Position des Fehlers zu verharren. Oder anders ausgedrückt: Fehler sind nur die Unschärfen materieller Systeme, die ohne Bezugspunkte gar nicht existieren. Aus geistiger Sicht sind sie nichts anderes als Wegweiser zu Erkenntnissen, die den Menschen helfen, das Wirken der evolutionären Entwicklung zu erkennen, die dem materiellen Denken normalerweise nicht zugänglich ist.

Du meinst, das Unrecht bleibt solange in der Welt, solange wir es immer nur beim anderen und niemals bei uns selbst erkennen?

Ja. Nur, wer seinen Schatten erkennt, weiß, wer er wirklich ist. Und nur wer weiß, wer er ist, kann ermessen, was es heißt, sich selber zu entwickeln. Denn wir sind nicht nur die Seiltänzer über dem Abgrund, wir sind auch die Krokodile im trüben Gewässer, welche die Unglücklichen beim Absturz auffressen. Wenigstens solange, bis wir merken, dass die Sünder der eine Teil und die Krokodile die andere Hälfte unseres Wesens sind.

Aber was ist mit dem Frieden in der Welt?

Die Suche nach dem Paradies muss eine Wunschvorstellung bleiben, damit sich die menschliche Spezies entwickeln kann.

Wie … was? Wieso kann sich der Mensch nicht in Frieden und Harmonie entwickeln?

Das statische Paradies böte dem menschlichen Ego keine Grundlage zur Entfaltung. So will es die Evolution. Der Mensch braucht immer wieder Kriege mit der Aussicht auf Frieden oder ständige Krisen mit der Hoffnung aufs Paradies, eine Hoffnung, die sich aber niemals erfüllen darf, damit sie als Entwicklungsgrundlage weiter funktionieren kann.

Ich weiß nicht … das tönt ziemlich brutal. Irgendwie fehlt mir der Begriff „Freiheit“? Was ist mit dem freien Willen?

Wir haben die Freiheit, das zu tun, was im kollektiven morphischen Zeitfeld schwingt, sozusagen ein gesellschaftlich verankertes Bild von Freiheit in einem beschränkten persönlichen Rahmen umzusetzen. Es geht immer darum, „das zu tun, was getan werden muss“, wie schon Goethe wusste. Wenn wir diesen Anspruch erfüllen, erhalten wir das, was zu einem „gefühlten“ Bild von Freiheit führt.

Und wo liegt das Ziel über das gesellschaftliche oder materielle Wirken der Menschen hinaus …?

Unsere Wurzeln liegen im Geist des Universums, im Unbekannten, und wir sind hierher gekommen, um uns zu verändern – um die Gesetze der Veränderung der Materie kennen zu lernen. Es geht hier darum, zu lernen, wie wir selbst auf unsere Welt einwirken – die Bedingungen zu gestalten, durch die wir die Welt verändern können, damit wir das Wirken unseres eigenen Geistes erfahren. Erst dann können wir merken, dass wir es selbst sind, die unsere Welt gestalten, und dass wir uns selbst verändern müssten, wenn wir unsere Welt verbessern wollten.